Goldpreis: Nach dem jüngsten Aufbäumen verlässt die Profis schon wieder der Mut
· Börse Online RedaktionWoche für Woche beobachten die Akteure an den Goldmärkten mit erhöhter Aufmerksamkeit den von der US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) veröffentlichten Commitments of Traders-Report. Dieser Stimmungsbericht zeigt auf, wie sich die Launen der Terminmarktakteure entwickelt haben. Zum einen beinhaltet der Wochenbericht aktuelle Zahlen zum allgemeinen Interesse an Gold-Futures, welches sich durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) ablesen lässt. Zum anderen ermöglicht das Update aber vor allem ein aktuelles Bild über die Stimmung der verschiedenen Marktakteure. Dadurch erfahren Anleger, wie sich innerhalb einer Woche die Positionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) verändert haben. Dies erlaubt dann Rückschlüsse, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
An den Terminmärkten gab es in der Woche zum 18. September eine sich eintrübende Stimmung unter großen Terminspekulanten zu vermelden. Während die Anzahl offener Kontrakte, welche das allgemeine Interesse an Gold-Futures zum Ausdruck bringt, kaum verändert hat, ging es mit der kumulierten Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten kräftig bergab, und zwar von minus 13 auf minus 1.700 Futures. Verantwortlich für diese Stimmungsverschlechterung waren ausschließlich Großspekulanten, deren Netto-Short-Position (Pessimismus überwiegt) von minus 7.600 auf minus 10.800 Futures abgesunken ist.
Völlig konträr dazu entwickelte sich die Gemütslage der Kleinspekulanten. Deren Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) hat sich nämlich im Berichtszeitraum von 7.600 auf 9.200 Kontrakte erhöht. Seit Monaten herrscht an den Terminmärkten hinsichtlich Gold-Futures keine gute Stimmung. Der historisch hohe Pessimismus der spekulativen Marktakteure lässt nun aber den Schluss zu, dass die Wetten auf einen fallenden Goldpreis positioniert sind - ob sie aufgehen werden, steht aber auf einem anderen Blatt.
Auf Seite 2: Aktuelles Gold/Wiesnbier-Ratio veröffentlicht
"O’zapft is!" ertönte es wieder einmal auf der Münchner Theresienwiese anlässlich des diesjährigen Oktoberfests. Im Vorfeld des weltgrößten Volksfestes aktualisierte die im Bereich Goldresearch besonders umtriebige Liechtensteiner Vermögensverwaltung Incrementum AG eine weniger bekannte, aber ausgesprochen aussagekräftige Kennzahl zum Goldmarkt: das "Gold/Wiesnbier-Ratio". Es zeigt an, wieviel Maß Wiesnbier mit einer Feinunze Gold gekauft werden können. Auf der Wiesn ist der Preis für einen Liter Bier seit 1950 von 0,82 Euro auf aktuell 11,10 Euro (+1.250 Prozent), woraus sich eine überdurchschnittlich hohe jährliche Inflationsrate von 3,9 Prozent ablesen lässt. Während vor einem Jahr noch eine Wiesnbier-Teuerungsrate von 2,4 Prozent gemeldet worden war, hat sich die diesjährige Rate auf 2,8 Prozent beschleunigt.
Das Thema "Inflation" genießt an den Goldmärkten derzeit zwar keinen großen Stellenwert, in den vergangenen Jahrzehnten hat der Inflationsschutz in Form von Gold dennoch prächtig funktioniert. Dies wird durch das Gold/Wiesnbier-Ratio eindrucksvoll bewiesen. In den vergangenen 68 Jahren schwankte die Kennzahl zwischen 48 (1971) und 227 (1980), woraus sich ein Mittelwert von 89 Maß pro Unze errechnet. 2018 erhalten Goldbesitzer für eine Feinunze Gold 93 Maß Oktoberfestbier. Dies lässt vor allem einen Schluss zu: Der Kaufkrafterhalt hat mit Gold deutlich besser funktioniert als mit Geld. Folgerichtig ziehen die Analysten der Incrementum AG dieses Fazit: Gold schützt vor dem fortwährenden Kaufkraftverlust des Papiergeldes - oder in Wiesn-Terminologie ausgedrückt vor trockenen Kehlen.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.