Obwohl im ETF-Sektor sowie beim Verkauf von Goldmünzen und -barren ein anhaltend hohes Nachfrageinteresse zu beobachten ist, verlor das gelbe Edelmetall im Mai fünf Prozent an Wert. Erheblichen Verkaufsdruck haben vor allem die spekulativen Marktakteure über die Terminbörse Comex generiert. Dabei hat sich zudem das allgemeine Interesse an Gold-Futures in den vergangenen vier Wochen kräftig reduziert. Während dieses Zeitraums nahm die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) nämlich von 565.774 auf 494.321 Futures (13 Prozent) ab.
Dabei fiel der Tenor großer und kleiner Terminspekulanten eindeutig negativ aus. Hinsichtlich der Transaktionen kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) gab es auf Monatssicht kräftige Verwerfungen zu vermelden. Auf Basis der Marktdaten vom vergangenen Dienstag (31. Mai) hat der Optimismus unter den spekulativen Marktakteuren kräftig gelitten. Summa summarum hat sich die Netto-Long-Position (optimistische Markterwartung) großer und kleiner Spekulanten von 294.901 auf 214.038 Kontrakte (-27,4 Prozent) Kontrakte deutlich zurückgebildet, was vor allem einen Schluss zulässt: Nach monatelanger Kauflaune hat sich mittlerweile mehr und mehr Skepsis breitgemacht.
Diese Tendenz war unter großen wie kleinen Spekulanten gleichermaßen zu beobachten und vor allem durch die Reduktion der Long-Seite bei gleichzeitigem Aufbau des Short-Exposure verursacht worden. Dadurch hat sich zum Beispiel die Netto-Long-Position der Großspekulanten innerhalb von vier Wochen von 271.648 auf 197.135 Futures (-27,4 Prozent) reduziert, während bei den Kleinspekulanten ein Minus von 23.253 auf 16.903 Kontrakte (-27,3 Prozent) zu Buche schlug. Für die relative Stärke des Goldpreises spricht allerdings die Tatsache, dass der Goldpreis diesen Verkaufsdruck relativ gut verdaut hat. Er hat in diesen vier Wochen nämlich lediglich fünf Prozent verloren.
Auf Seite 2: Geringe Volatilität spricht für Gold
Die Angst, dass man für sein Papiergeld auf lange Sicht immer weniger oder im Worst-Case-Szenario gar nichts mehr kaufen kann, ist in Deutschland - niedrige Inflation hin, niedrige Inflation her - überdurchschnittlich stark ausgeprägt. Eines gilt dabei allerdings als unbestritten: Eine Feinunze Gold stellt seit tausenden von Jahren einen beträchtlichen Gegenwert in Geld dar und hat zudem noch nie einen Totalverlust erlitten. Anlageexperten kritisieren beim Goldpreis aber häufig dessen Kursschwankungen und die daraus resultierende Volatilität. Sie genießt als mathematisch berechnetes Risikomaß unter Anlegern einen hohen Stellenwert, egal ob dabei Kurse aus der Vergangenheit (historische Volatilität) oder aktuelle Optionspreise (erwartete Volatilität) als Berechnungsgrundlage dienen.
Vergleicht man Investments in den DAX mit dem Kauf von Gold fällt auf, dass das gelbe Edelmetall in den vergangenen 52 Wochen weniger heftige Kursausschläge aufwies, als der aus immerhin 30 deutschen Blue Chips berechnete DAX. So schwankte zum Beispiel der Aktienindex während dieses Zeitraums in einer Handelsspanne von 8.699,29 bis 11.802,37 Zählern (35,7 Prozent) während sich Gold im selben Zeitraum lediglich zwischen 1.048,30 und 1.298,70 Dollar (23,9 Prozent) bewegt hat.
Auch bei Betrachtung der Risikokennzahl Volatilität wird eines klar: Der Goldkauf kann auf Basis aktueller Volatilitätsdaten derzeit als weniger riskant eingestuft werden als ein Investment in die wichtigsten Blue Chips Deutschlands. Diese Erkenntnis lässt sich auch durch den Vergleich der historischen 250-Tage-Volatilität gewinnen. Hier weist Gold mit 15,7 Prozent nämlich ein erheblich geringeres Risiko aus als der DAX, der für denselben Zeitraum auf einen Wert von immerhin 24,9 Prozent kommt.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.