Das allgemeine Interesse an Gold-Futures erfuhr in der Woche zum 3. Mai den stärksten Anstieg seit September 2009. Damals nahm die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) innerhalb einer Woche um 17 Prozent zu, weil sich die globalen Finanzsysteme in einer extrem labilen Verfassung befanden. Diesmal war bei der Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) auf Wochensicht ein Plus von 497.884 auf 565.774 Kontrakte (+13,6 Prozent) verzeichnet worden. Nur zur Erinnerung: Ein Gold-Future bezieht sich auf 100 Feinunzen Gold und mehr Gold-Futures waren letztmals im Januar 2011 offen.
Noch heftigere Verwerfungen gab es auf Wochensicht hinsichtlich der Transaktionen kommerzieller Branchenangehöriger (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) zu vermelden. Auf Basis der Marktdaten vom vergangenen Dienstag, als der Goldpreis zeitweise über der Marke von 1.300 Dollar notierte, war der Optimismus unter den spekulativen Marktakteuren besonders ausgeprägt. Per Saldo waren nämlich große und kleine Spekulanten mit 294.901 Kontrakten netto long - also mehrheitlich optimistisch gestimmt. Dies stellte den höchsten Wert seit über fünf Jahren dar.
In den vergangenen Monaten sind vor allem Großspekulanten extrem optimistisch geworden. Allein in der Woche zum 3. Mai gab es bei der Netto-Long-Position dieser Spezies einen fulminanten Anstieg von 220.857 auf das Rekordhoch von 271.648 Futures (+23,0 Prozent) zu vermelden. Bei den Kleinspekulanten nahm der Optimismus ebenfalls zu, was sich in einer von 19.251 auf 23.253 Kontrakte (+20,8 Prozent) gestiegenen Netto-Long-Position niedergeschlagen hat. Diese enorme Zuversicht hat die Goldpreisrally seit dem Jahreswechsel zwar erst möglich gemacht, mittlerweile aber das Risiko von Gewinnmitnahmen deutlich erhöht. Bislang scheint die Abgabebereitschaft diesbezüglich jedoch relativ bescheiden bzw. der Bedarf an Krisenschutz einfach zu groß zu sein.
Auf Seite 2: Massive Zuflüsse beim weltgrößten Gold-ETF
Weil sich immer mehr abzeichnet, dass in den USA die Chancen auf eine starke Wirtschaft bzw. steigende Zinsen weniger ausgeprägt sind als noch vor Monaten, musste der US-Dollar seit dem Jahreswechsel heftige Verluste hinnehmen. Gegenüber dem Euro verlor der Greenback seither 5,4 Prozent, während die US-Währung im Vergleich zum japanischen Yen sogar ein Minus von 11,2 Prozent hinnehmen musste. Die negative Korrelation zwischen dem Dollar und Gold hat 2016 bislang prächtig funktioniert und dem gelben Edelmetall zu einem Kursgewinn von über 22 Prozent verholfen.
Starke Kauflaune herrschte unter anderem im ETF-Sektor. Beim weltgrößten Gold-ETF SPDR Gold Shares schlug sich dies in markanten Zuflüssen nieder. Allein in der vergangenen Woche ging es mit dessen gehaltener Goldmenge von 804,14 auf 834,19 Tonnen (Stand: 6. Mai 2016) nach oben. Dies stellt das höchste Niveau seit Dezember 2013 dar. Noch offensichtlicher wird der aktuelle Kaufrausch, wenn man die Daten von Ende Dezember betrachtet. Damals wog der physisch hinterlegte ETF lediglich 642,37 Tonnen.
Dieser Trend war auch global zu beobachten. Laut aktueller Daten der auf Edelmetallresearch spezialisierten GFMS haben die weltweiten ETF-Bestände im ersten Quartal 2016 Netto-Zuflüsse von 330 Tonnen verzeichnet. Dies kann man ganz klar als Turnaround bezeichnen, schließlich waren in den drei vorangegangenen Quartalen Abflüsse von 69 Tonnen (Q4 2015), 60 Tonnen (Q3 2015) bzw. 32 Tonnen (Q2 2015) zu verzeichnen. Diese Entwicklung zeigt eines ganz klar auf: Verunsicherte Investoren suchen Schutz und werden offensichtlich bei der Krisenwährung Gold fündig.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.