Einmal pro Woche gibt die Commodity Futures Trading Commission bekannt, wie sich unter den kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) die Positionen an Gold-Futures verändert haben. In der Woche zum 28. Juni fielen zwei Dinge auf. Erstens: Die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) hat auf Wochensicht stark zugenommen und sich von 571.517 auf den Rekordwert von 613.792 Kontrakte (+7,4 Prozent) signifikant erhöht. Zweitens: Die spekulativen Marktakteure sind zum vierten Mal in Folge optimistischer geworden. Mit einem Anstieg von 312.137 auf 326.321 Kontrakte wurde auch hier ein historisches Allzeithoch gemeldet.
Optimistischer wurden sowohl große als auch kleine Spekulanten. Unter großen Terminspekulanten ging es zum Beispiel mit der Netto-Long-Position innerhalb einer Woche von 292.729 auf 301.920 Futures (+3,1 Prozent) nach oben, weil die Long-Seite deutlich dynamischer nach oben gefahren wurde als das Short-Exposure. Bei den Kleinspekulanten stellte sich im selben Zeitraum ein Zuwachs von 19.408 auf 24.401 Kontrakte (+27,0 Prozent) ein. Sie haben ihr Long-Engagement verstärkt und zugleich ihre Short-Seite massiv reduziert. Dieser gestiegene Optimismus bescherte dem Goldpreis in der vergangenen Woche einen Kursgewinn von 0,7 Prozent. Bis zum am Brexit-Tag erzielten Zweijahreshoch fehlen derzeit weniger als 20 Dollar.
Aus charttechnischer Sicht kann einem angesichts des starken Optimismus und der starken Performance des ersten Halbjahres mittlerweile allerdings schon ein bisschen mulmig werden. Zum einen verläuft im Bereich von 1.350 Dollar eine markante Widerstandszone und zum anderen steht der Timingindikator Relative-Stärke-Index kurz davor, mit Werten von über 70 Prozent eine überkaufte Situation anzuzeigen, was die Gefahr einer technischen Korrektur erhöht. Grundsätzlich bleibt das Anfang dieses Jahres generierte Trendwechselsignal aber weiterhin intakt. Fundamentale Argumente zum Verkauf von Gold sind derzeit eher rar.
Auf Seite 2: "In Gold we Trust"-Studie feiert Geburtstag
In der vergangenen Woche veröffentlichte die Liechtensteiner Vermögensverwaltung Incrementum AG eine hauseigene Studie zu Gold. Die Komplettversion ist über 160 Seiten stark, während die Kompaktversion auf 21 Seiten kommt. Dass der Tenor der Studie positiv sein wird, wusste man angesichts des Namens der Analyse bereits vorab. Die beiden verantwortlichen Kapitalanlageexperten Ronald-Peter Stoeferle und Mark J. Valek haben das gelbe Edelmetall bereits zum zehnten Mal in Folge analysiert und zeigen auf, warum Gold als Portfolio-Versicherung als Must-Have anzusehen ist.
Dass die globalen Finanzsysteme alles andere als robust sind, ist natürlich kein Geheimnis. Die beiden Autoren führen in der Publikation mit konkreten Daten auf, welche Annomalien in der Finanzwelt mittlerweile Alltag geworden sind. Ob negative Zinsen oder die Schuldenexplosion wichtiger Staaten, von normalen Marktbedingungen sind wir meilenweit entfernt. Und eine Rückkehr zur Normalität scheint immer aussichtsloser zu werden. Die Tatsache, dass Staaten mit dem Schuldenmachen Geld verdienen, statt Zinsen zu bezahlen, ist nur ein Aspekt der Betrachtung. Zitate, Grafiken und Cartoons, garniert mit philosophischen Denkansätzen führen dazu, dass sich das Werk sehr gut lesen lässt. So richtig Hoffnung, dass alles gut wird, macht die Analyse allerdings nicht. Ausgesprochen positiv fällt hingegen das Kursziel von Stoeferle und Valek aus. Bis Juni 2018 rechnen sie nämlich mit einem Anstieg des Goldpreises auf 2.300 Dollar.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.