Goldpreis: Verkaufsdruck unter den Profis lässt nach
· Börse Online RedaktionIm wöchentlichen Rhythmus werden die Akteure an den Goldmärkten über die aktuelle Stimmung an den Terminmärkten auf dem Laufenden gehalten. In der Regel freitagsabends zeigt die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) im sogenannte Commitments of Traders-Report auf, wie sich zum Beispiel im Vergleich zur Vorwoche das allgemeine Interesse an Gold-Futures verändert hat. Angezeigt wird dies durch die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest), wobei ein Future - zumindest papiermäßig - den Gegenwert von 100 Feinunzen Gold bewegt. Besonders interessant: Aus dem Update kann man konkrete Stimmungen und Trends erkennen und bewerten. So zeigt der Bericht zum Beispiel an, wie sich innerhalb einer Woche die Transaktionen der kommerziellen Branchenangehörigen (Commercials), Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) gegenüber der Vorwoche verändert haben. Dies liefert dann eindeutige Hinweise, wer optimistischer, wer skeptischer und wer pessimistischer geworden ist.
In den vergangenen vier Wochen hat sich das allgemeine Interesse an Gold-Futures markant reduziert. Innerhalb dieses Zeitraums sank die Anzahl offener Kontrakte (Open Interest) von 580.600 auf 520.000 Futures (-10,4 Prozent). Erheblich kräftigere Einbußen waren bei der kumulierten Netto-Long-Position (Optimismus überwiegt) großer und kleiner Terminspekulanten zu beobachten. Diese haben sich auf Monatssicht von 272.100 auf 223.000 Futures (-18,0 Prozent) reduziert. Doch unter den spekulativen Marktakteuren herrschte keine einheitliche Stimmung. Während Großspekulanten innerhalb von vier Wochen ihre Netto-Long-Position von 254.800 auf 200.100 Kontrakte (-21,5 Prozent) zurückgefahren haben, war bei den Kleinspekulanten im selben Zeitraum ein Anstieg von 17.300 auf 22.900 Futures (+32,4 Prozent) registriert worden.
Auf Seite 2: Eindrucksvoller Rebound vollzogen
Der Goldpreis drehte Anfang Oktober unmittelbar vor Erreichen der langfristigen 200-Tage-Linie wieder nach oben und sorgte somit für charttechnische Entspannung. Zugleich wurde verhindert, dass der Timingindikator Relative-Stärke-Index unter 30 Prozent abrutscht und dadurch eine überverkaufte Lage anzeigt. Summa summarum kann man nun von einer neutralen Marktlage sprechen. Diese ist von der Schwierigkeit gekennzeichnet, die im Bereich von 1.300 Dollar angesiedelte Widerstandszone signifikant zu überwinden. Als nächstes dürften dann die Hürden oberhalb von 1.350 Dollar den Aufwärtsdrang des Goldpreises erheblich bremsen. Den Blick nach unten gerichtet, dürfte sich aber auch die bei 1.255 Dollar verlaufende 200-Tage-Linie als extrem wichtige "Hausnummer" erweisen. Zum einen, weil ihr Unterschreiten grundsätzlich ein starkes Verkaufssignal generieren würde und zum anderen weil hier zudem die untere Begrenzung des seit Ende 2016 gebildeten Aufwärtstrends verläuft. Deren Verletzen könnte zusätzlichen Verkaufsdruck mit sich bringen.
Derzeit kann man dem gelben Edelmetall ein hohes Maß an relativer Stärke attestieren, schließlich scheint der Krisenschutz trotz rekordhoher Preise für Aktien und Immobilien bei Anlegern weiterhin sehr gefragt zu sein. Für den jüngsten Angriff auf die Marke von 1.300 Dollar gab es auch fundamentale Gründe. So haben die Zinssorgen nach dem Fed-Protokoll am Mittwoch und den vor dem Wochenende gemeldeten niedriger als erwarteten Inflationszahlen bzw. schwachen Einzelhandelsumsätzen deutlich nachgelassen. Das FedWatch-Tool des Terminbörsenbetreibers CME Group weist derzeit eine Wahrscheinlichkeit von 83 Prozent aus, dass wir im Dezember höhere Zinsen als heute sehen werden, nachdem vor einer Woche noch ein Wert von 88 Prozent angezeigt wurde. Wegen steigender Zinsen sollte allerdings niemand Gold verkaufen, da sich höhere Zinsen nach der Kapitalmarkttheorie auch als Indiz für höhere Risiken interpretieren lassen. Fazit: Je höher die Zinslast, desto höher das Ausfallrisiko und desto sinnvoller wird ein Vermögensschutz via Gold.
Zum Commitments of Traders-Report:
Einmal pro Woche veröffentlicht die US-Aufsichtsbehörde Commodity Futures Trading Commission (CFTC) den sogenannten Commitments of Traders-Report (COT) für sämtliche US-Terminbörsen und deren angebotenen Futures. Im wöchentlichen Rhythmus wird unter anderem die Anzahl der offenen Kontrakte (Open Interest) für jeden Basiswert veröffentlicht. Sie bringt zum Ausdruck, wie sich das allgemeine Interesse auf Wochensicht entwickelt hat. < br>
Außerdem zeigt der COT-Report auf Basis der Marktdaten des jeweiligen Dienstags auf, wie sich die Marktpositionen der kommerziellen Branchenvertreter (Commercials) und der spekulativen Marktakteure - aufgeteilt in Großspekulanten (Non-Commercials) und Kleinspekulanten (Non-Reportables) - innerhalb einer Woche verändert haben. Für jede Gruppe von Marktakteuren werden jeweils deren Long- und Short-Positionen aufgeführt. Übertrifft die Long-Seite das Short-Engagement wird von einer Netto-Long-Position gesprochen, die eine mehrheitlich optimistische Markterwartung zum Ausdruck bringt. Im anderen Fall (mehr short als long) handelt es sich um eine Netto-Short-Position, die eine tendenziell pessimistische Markterwartung anzeigt. Für die Aktivitäten der spekulativen Marktakteure interessieren sich die Marktbeobachter normalerweise besonders stark, da ihr Handeln vor allem auf das Erzielen möglichst hoher Gewinne ausgerichtet ist und daher einen starken Einfluss auf die Preisentwicklung und das Marktsentiment ausüben kann.
Zum Autor:
Jörg Bernhard ist freier Journalist und hat sich in den vergangenen Jahren auf Zertifikate-, Rohstoff- und Edelmetallinvestments spezialisiert.