Seine Regierung sehe sich zu den Reformen verpflichtet, die das Land wirklich brauche, sagte Tsipras. Bisher sind die Fronten verhärtet, weil Deutschland und andere Länder der Eurozone auf der Umsetzung der vereinbarten Reformen pochen, die von der neuen linksgerichteten Regierung in Athen aber ebenso abgelehnt wurden wie eine Aufsicht durch die sogenannte Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF).
Der Generalsekretär der Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Angel Gurria, sagte bei einem Treffen mit Tsipras in London, die Krise in Griechenland habe niedriges Wachstum, hohe Arbeitslosigkeit, wachsendes soziales Ungleichgewicht und zerstörtes Vertrauen hervorgebracht. Seine Organisation wolle Griechenland helfen, diese Probleme anzugehen.
Der stellvertretende griechische Finanzminister Dimitris Mardas erklärte, es gebe mittlerweile Bewegung, die zeige, dass eine Lösung mit den EU-Partnern gefunden werden könne. Auch Österreich hält eine Einigung noch in diesem Monat für möglich. Er denke, dass es rechtzeitig zum Ende des aktuellen Hilfsprogramms eine Lösung geben könne, "wenn Griechenland das wünscht", sagte Finanzminister Hans Jörg Schelling im ORF-Radio. Dagegen hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble am Dienstag in Istanbul noch auf die Frage geantwortet, was geschehe, wenn Griechenland den vereinbarten Reformweg nicht verfolgen wolle: "Dann ist es eben vorbei." Man könne nicht einfach abseits des laufenden Programms über etwas Neues sprechen.
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BEVÖLKERUNG UNTERSTÜTZT TSIPRAS
Am Mittwochabend wollen die Finanzminister der Eurozone und Vertreter der EU-Kommission in Brüssel mit dem griechischen Finanzressortchef Yanis Varoufakis über einen Ausweg aus dem Schuldenstreit beraten. Mit einem möglichen Durchbruch wurde zuletzt aber frühestens beim regulären Treffen der Eurogruppe am kommenden Montag gerechnet.
Tsipras hatte in der Nacht zum Mittwoch eine Vertrauensabstimmung im griechischen Parlament mit 162 von 300 möglichen Stimmen gewonnen. Ungeachtet der Forderungen seines Vorgängers Antonis Samaras oder Schäubles werde die Regierung keine Verlängerung des Hilfsprogramms beantragen, sagte Tsipras im Parlament. Er sei zuversichtlich, dass sich Griechenland mit den Euro-Partnern einigen werde. Eine Vereinbarung dürfe aber keine neuen Darlehen und keine Sparauflagen beinhalten.
Für seinen Kurs hat der Chef der linksradikalen Syriza-Partei auch die Bevölkerung hinter sich. Einer Umfrage zufolge unterstützen 75 Prozent seine Verhandlungsposition. Viele Griechen lehnen die Spar- und Reformpolitik ab, auf die sich das Land als Gegenleistung für Milliardenkredite der Euro-Staaten und des IWF verpflichtet hatte. Faktisch hat Tsipras das Hilfsprogramm schon aufgekündigt, weil er die Gläubiger-Troika aus EU, EZB und IWF ablehnt. Wird nicht schnell eine Vereinbarung erzielt, droht erneut eine Staatspleite.
Nach Angaben von Ex-Regierungschef Samaras sind mehr als 15 Milliarden Euro seit Dezember aus den Banken Griechenlands abgezogen worden. Angesichts der Verunsicherung rund um die Parlamentswahl, die Samaras gegen Tsipras verlor, hoben griechische Bankkunden in Scharen Geld von ihren Konten ab. Das genaue Ausmaß ist bislang aber nicht offiziell beziffert. Griechische Banken stecken dank des Zugangs zu den ELA-Notkrediten der nationalen Notenbanken nach Einschätzung von EZB-Ratsmitglied Bostjan Jazbec im "Handelsblatt" aktuell jedoch in keiner brisanten Situation.
Eine Sprecherin des Außenministeriums in Peking sagte zu Berichten, wonach China seine Hilfe angeboten habe, darüber wisse sie nichts. Allerdings sei China bereit, die Zusammenarbeit mit der neuen Regierung in Athen in allen Bereichen zu verstärken. Zuvor hatte der stellvertretende griechische Außenminister Nikos Chountis erklärt, Russland und China hätten seinem Land Finanzhilfen angeboten.
Reuters