Diese Schätzung berücksichtigt laut Statistikamt auch den härteren Lockdown ab der zweiten Dezemberhälfte mit der Schließung der meisten Geschäfte und die Einzelhandelsumsätze für die Monate Januar bis November 2020. Allerdings gibt es eine enorme Kluft innerhalb des Handels: Während der Internethandel brummt, bangen viele kleinere Geschäfts wegen des Lockdowns ums Überleben.
Zu den Profiteuren der Corona-Krise gehörte der Online- und Versandhandel, der in den ersten elf Monaten 24 Prozent zulegte. Supermärkte schafften plus 8,5 Prozent. Dagegen brach der Textilhandel um 21 Prozent ein. Waren- und Kaufhäuser verzeichneten Einbußen von 8,9 Prozent.
Nachgehakt bei: Stefan Genth
Der Geschäftsführer des Einzelhandelsverbands HDE zu Kaufrausch und Ladensterben. Von Wolfgang Ehrensberger
€uro am Sonntag: Im Corona-Jahr 2020 boomte der Einzelhandel wie zuletzt 1994. Laut Statistikamt zogen die Umsätze um 5,3 Prozent an. Wie zufrieden sind Sie?
Stefan Genth: Für eine Bilanz für das Gesamtjahr 2020 ist es noch zu früh. Bei den jetzt verbreiteten Zahlen handelt es sich um Schätzungen. Ich halte es für wahrscheinlicher, dass wir am Ende ungefähr auf Vorjahresniveau landen. Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir vor allem im Modehandel auf ein echtes Katastrophenjahr zurückblicken.
Hat die Corona-Krise den laufenden Strukturwandel nicht lediglich beschleunigt?
Teilweise wurden bestehende Trends zum Onlinehandel beschleunigt. Wenn Sie aber Ihr Geschäft pandemiebedingt völlig schließen müssen, hat das mit normalem Strukturwandel nichts mehr zu tun.
Gute Geschäfte bei Lebensmitteln, Möbeln und online haben Verluste in den Innenstädten ausgeglichen. Ist das von Dauer?
Das ist der besonderen Lage mit vielen geschlossenen Innenstadthändlern, Appellen zur Kontaktvermeidung und geschlossener Gastronomie geschuldet. Der Trend zum Online-Einkauf könnte allerdings nachhaltig Wirkung zeigen. Viele Kunden haben das in der Krise neu entdeckt.
Jetzt wurde der Lockdown auch noch verlängert und verschärft. Was bewirkt das?
Das bringt viele Händler in Existenzgefahr. Die versprochene Staatshilfe von elf Milliarden Euro im Monat klingt beeindruckend, kommt aber bei Händlern vor Ort kaum an. Wenn der Finanzminister die Hilfen nicht rasch anpasst, erleben wir eine beispiellose Pleitewelle. Außerdem brauchen die Händler eine Perspektive - und Planbarkeit. Gut wäre etwa eine verbindliche Festlegung, bei welchen Corona-Zahlen die Wiedereröffnung erfolgt. Dann könnten die Händler die Warenbestellung besser kalkulieren.