ZIEL: Das Strategiepapier regelt, wie die Bevölkerung bei Krieg oder Katastrophen geschützt und mit Wasser, Nahrung, Strom, Gas und anderen Gütern versorgt werden kann. Die Staats- und Regierungsfunktionen sollen im Krisenfall aufrechterhalten werden. Zudem enthält das Papier Ideen zur Unterstützung der Bundeswehr, zur Sicherstellung der medizinischen Versorgung, zur Arbeit des Technischen Hilfswerks (THW) bis hin zur Unterbringung von Kulturgütern im Kriegsfall.
AUSGANGSLAGE: Das bisherige Konzept zum Zivilschutz stammt aus dem Jahr 1995 und gilt wegen vielfältiger neuer Bedrohungen, etwa durch den islamistischen Extremismus, als nicht mehr zeitgemäß. Es war geprägt "von der sicherheitspolitischen Entspannung nach Beendigung des Kalten Krieges", wie die Regierung festhält. Infolgedessen seien Strukturen und Einrichtungen zum Zivilschutz abgebaut worden. Für das neue Konzept zur "zivilen Verteidigung" gab der Haushaltsausschuss des Bundestags 2012 grünes Licht. Die schwarz-rote Regierung bekräftigte das Vorhaben Ende 2013 im Koalitionsvertrag. Um eine Reaktion auf die jüngsten Anschläge handelt es sich nach nicht, wie die Regierung betont.
GEFAHREN: Ein besonderes Risiko sieht die Regierung in sogenannten hybriden Bedrohungen durch staatliche wie nichtstaatliche Akteure, bei denen unkonventionelle Mittel eingesetzt werden, etwa Sabotage oder Computerviren. "Die wachsende Verwundbarkeit der modernen Infrastruktur und die Ressourcenabhängigkeit moderner Gesellschaften bieten vielfältige Angriffspunkte", heißt es. Als Gefahr gelten auch Angriffe mit biologischen, chemischen und nuklearen Waffen. "Die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und ihrer Trägersysteme, Konfliktführung mit terroristischen Mitteln und Angriffe im Cyberraum können zu einer direkten Bedrohung Deutschlands und seiner Verbündeten werden."
SELBSTSCHUTZ: Der Selbstschutz spielt eine große Rolle in dem Konzept, weshalb die Bürger über diverse Kommunikationswege rasche Verhaltenshinweise erhalten sollen. Als notwendig gilt eine schnelle und flächendeckende Warnung der Menschen. Alarmmeldungen sollen von einer zentralen Stelle aus schnell und abgesichert an Rundfunk, Fernsehen, Internet- und Telekommunikationsanbieter weitergegeben werden. Auch Sirenen oder alltägliche Kommunikationsmittel wie Mobiltelefone sollen bei der schnellen Information helfen. Zum Schutz sollen vorhandene Bauten dienen. Flächendeckende öffentliche Schutzräume - etwa Bunker - werden als "nicht realisierbar" und als nur "eingeschränkt geeignet" angesehen.
NOTVERSORGUNG: Der Bund muss schon jetzt eine Notversorgung mit Trinkwasser sicherstellen, etwa über "autarke Brunnen und Quellen in Verbindung mit einer mobilen Trinkwassernotversorgung". In Großstädten und Ballungsgebieten sollen "leistungsstarke Brunnen" gebaut oder hergerichtet werden. Eine zivile Notfallreserve mit Lebensmitteln gibt es ebenfalls. Sie besteht aus Reis, Hülsenfrüchten und Kondensmilch. Im Extremfall geht es um eine "Daseinsvorsorge auf minimalem Niveau".
NOTVORRÄTE: Zur Überbrückung im Notfall wird die Bevölkerung angehalten, für einen Zeitraum von fünf Tagen je zwei Liter Wasser pro Person und Tag vorzuhalten. Zudem sollen die Bürger einen Vorrat an Lebensmitteln für zehn Tage anlegen.
STAAT: Um die Staats- und Regierungsfunktionen aufrechtzuerhalten, soll Kommunikation weiterhin möglich sein und die technische Betriebsfähigkeit erhalten bleiben, wozu etwa eine Notstromversorgung gehört. Damit wichtige staatliche Organe ihre Aufgaben möglichst ungehindert fortführen können, werden gesonderte bauliche und technische Schutzmaßnahmen angeregt. "Für den Fall der Aufgabe des Dienstsitzes sind Vorkehrungen zu treffen, um die Aufgabenwahrnehmung einer Behörde an einem anderen, geschützteren Platz (Ausweichsitz) verlagern zu können."
KRITISCHE INFRASTRUKTUREN: Ausführlich widmet sich das Papier den kritischen Infrastrukturen, etwa der Wasser-, Strom- und Gasversorgung. Der fortlaufende Schutz dieser Einrichtungen wird als "elementare Voraussetzung für die Notfallvorsorge" genannt. Im Krisenfall geht es nicht zuletzt auch um die Versorgung etwa mit Bargeld oder Mineralöl.
WEHRPFLICHT: Auch die vor fünf Jahren ausgesetzte Wehrpflicht könnte im Krisenfall wieder eingeführt werden. Das Konzept geht ansatzweise darauf ein. Im Kapitel zur zivilen Unterstützung der Streitkräfte heißt unter dem Unterpunkt "Post": Die schnelle und sichere Zustellung von Postsendungen mit besonderer Bedeutung für die Bundeswehr (beispielsweise Einberufungs- und Leistungsbescheide bei Wiederaufleben der Wehrpflicht) wird im Rahmen des Post- und Telekommunikationssicherstellungsgesetzes gewährleistet." An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass bei "einer Beendigung der Aussetzung des Vollzugs der Wehrpflicht" neuer Bedarf an Unterbringung bei der Bundeswehr entstehe.
rtr