von Robert Halver

Das Land der Mitte ist für Deutschland das Land des wirtschaftlichen Lächelns

Laut Umfragen ist Deutschland in der Welt so beliebt wie nie zuvor. Jedoch scheint uns niemand mehr zu mögen als die Chinesen. Sie sind regelrecht entzückt von der deutschen Kultur, die der großen Heidelberg-Romantik der Amerikaner in Nichts nachsteht, sondern noch einen oben drauf setzt. Besonders verliebt sind die Chinesen in unsere Industriegüter, in unsere "Technik, die begeistert" oder in unseren "Vorsprung durch Technik" und natürlich in unsere Autos. Der Vertriebsdirektor einer deutschen Premiummarke muss sich auf der Shanghai Auto Show wie der Messias fühlen.

Auf Seite 2: Ist Chinas Wirtschaft gesund, freut sich die deutsche Exportindustrie

Ist Chinas Wirtschaft gesund, freut sich die deutsche Exportindustrie

Bei seiner wirtschaftlichen Weiterentwicklung, insbesondere seiner Binnenkonjunktur, ist China an innovativem Industrie-Know How weiter hoch interessiert. Wir sind also gut beraten, uns weiter in den Dienst der chinesischen Wirtschaft zu stellen und dafür zu sorgen, dass die im Land der Mitte laufenden Werkbänke "Made in Germany" tragen.

Denn damit wird uns eine Sorge abgenommen, die unseren europäischen Partnern deutlich zur Last fällt. So manche deutsche Exportbranche schreibt wegen China schwarze Zahlen. Unsere europäische Konkurrenz dagegen beschäftigt sich nicht nur in punkto Liebe mit der Farbe Rot. Es wäre falsch, zu behaupten, dass das Wohl und Wehe der deutschen Wirtschaft von China abhängt. Aber wenn Chinas Konjunktur rund läuft, spricht wenig dafür, dass unsere eiert. Dass erklärt auch den hohen Gleichlauf der Jahresveränderung des chinesischen Einkaufsmanagerindex mit dem deutschen ifo Index der Geschäftserwartungen.

Auf Seite 3: Liebesbeziehung zwischen Hühnchen süß-sauer und Bulette noch weiter ausbaufähig

Liebesbeziehung zwischen Hühnchen süß-sauer und Bulette noch weiter ausbaufähig

Ab Herbst bekommt der Frankfurter Finanzplatz die höheren, nämlich chinesischen Weihen. Frankfurt wird dann zum Handelszentrum der Eurozone für die chinesische Währung. Vor allem kleinere deutsche Unternehmen können dann die technische Zahlungsabwicklung von Geschäften mit chinesischen Partnern in einer Zeitzone, einer Sprache und zu günstigen Konditionen abwickeln. Im bilateralen Handel wird der Turbo eingeschaltet. Unser zu Recht gelobter deutscher Mittelstand, der sich börsennotiert im Mid Cap-Dax (MDAX) und Small Cap-Dax (SDAX) tummelt, kann sich dann noch mehr der nachhaltig wachsenden chinesischen Volkswirtschaft widmen.

Nicht zuletzt kommen chinesische Anleger über Frankfurt auf den Geschmack eines direkten Zugangs zu den europäischen Kapitalmärkten. Und über die Mainmetropole kommt China ebenso einige Schritte weiter auf dem Weg, den Renminbi mittelfristig zu einer der weltweit wichtigsten Währungen zu machen.

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Gute Wirtschaftskontakte zu China schaden nur dem, der sie nicht hat

Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass die Chinesen am liebsten Deutschland als alleinigen wirtschaftlichen Ansprechpartner in der EU hätten. In China ist es üblich, sich an den stärksten Partner zu halten. Der bizarre Irrgarten des Euro-Polit-Bürokratius, bei dem man nie so genau weiß, wer mit wem worüber sprechen darf, ist Peking zu umständlich.

Im konfliktreichen Europa schürt diese starke Achse Peking - Berlin natürlich das Missfallen der anderen 27 EU-Mitgliedsstaaten. Und auch unser Freund und Beschützer, das große Amerika, schaut oft neidisch auf die guten deutschen Beziehungen zur Alternativ-Weltmacht China.

Verschafft sich Deutschland hier etwa einen wirtschaftlichen Vorteil? Warum, weil wir im Gegensatz zu anderen unsere Wirtschafts-Hausaufgaben - zumindest bislang - gemacht haben? Für eine auf industrieller Wettbewerbsstärke fußende, erfolgreiche Exportwirtschaft mit stabilen Arbeitsplätzen muss man sich nicht schämen. Im Übrigen, hierbei ist jeder auch ein bisschen seines eigenen Glückes Schmied. Sich regen bringt Segen.

Es ist zu hoffen, dass die amtierende deutsche Regierung die Anforderungen der Globalisierung weiter ernst nimmt. Auch wenn man mit diesem Wort sparsam umgehen sollte, aber wettbewerbsfähige Standortpolitik ist für Deutschland alternativlos. Schau ich mir allerdings die bisherige Wirtschaftspolitik der GroKo an, ist Raum für Skepsis angebracht.

Müßiggang ist aller Laster Anfang: Denn dann haben auch wir früher oder später nicht mehr viel zu lachen, schon gar nicht in China.

Also Deutschland, ran an die Βuletten!

Robert Halver leitet die Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank.