Ökonomen hatten hingegen einen Rückgang auf 91,4 Punkte erwartet. "Die deutsche Wirtschaft erweist sich trotz Inflationssorgen, Materialengpässen und Krieg in der Ukraine als robust", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Anzeichen für eine Rezession sind derzeit nicht sichtbar." Die Führungskräfte äußerten sich zu ihrer Geschäftslage merklich zufriedener und zu den Aussichten etwas weniger skeptisch als noch zuletzt.
Der russische Einmarsch in die Ukraine sorgt für steigende Rohstoffpreise, mehr Lieferengpässe und erhöht die Unsicherheit bei Firmen und Verbrauchern. Das bremst die Konjunktur vor allem in der Industrie und am Bau, während manche Dienstleister mit Abebben der Corona-Krise an Zuversicht gewinnen. Die Stimmung im Verarbeitenden Gewerbe legte zwar merklich zu, Fuest betonte aber, die Firmen seien weiter spürbar skeptisch mit Blick auf die kommenden Monate. "Die Nachfrage erhielt einen deutlichen Dämpfer und die Auftragseingänge schwächten sich ab." In der Service-Branche hellte sich das Geschäftsklima ebenfalls auf. Einen größeren Anstieg beim Lage-Index gab es zuletzt im Juni 2021. Die Erwartungen fielen hingegen wieder pessimistischer aus, besonders bei Transport- und Logistikfirmen. Beim Handel und am Bau ging es - trotz aller Skepsis - auch leicht bergauf.
MEHR ZWEIFEL AN KONJUNKTURBELEBUNG IM ZWEITEN HALBJAHR
"Indexanstieg hin oder her: Die Laune von Unternehmen bleibt schlecht", sagte Chefökonom Alexander Krüger von der Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe. Mehr als Pessimismus lasse die globale Gemengelage auch nicht zu. "Das Fragezeichen hinter einer sich im zweiten Halbjahr 2022 stärker belebenden Wirtschaft wird größer." Auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht weiter Bremsklötze für die Unternehmen. "Denn die Null-Corona-Politik in China sowie kriegsbedingte Lieferprobleme dürften den Nachschub für die deutsche Industrie aus dem Ausland weiter stocken lassen." Die Konjunkturrisiken zeigten nach unten. "Für das zweite Quartal erwarten wir eine Stagnation des Bruttoinlandsprodukts."
Viele Volkswirte trauen der Wirtschaft 2022 höchstens noch rund zwei Prozent Wachstum zu. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rechnet sogar nur mit einem mageren Plus von 1,0 bis 1,5 Prozent.
Steigende Preise und Lieferprobleme machen laut Ifo-Institut dem deutschen Einzelhandel zu schaffen. "Inflationssorgen belasten den Handel", sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview. "Es besteht die Sorge vor einer sinkenden Kauffreude der Verbraucher." Dies sei aber nicht das einzige Problem der Handelsbranche. "80 Prozent der Händler bekommen nicht alle Produkte, die sie bestellt haben."
rtr