Der Ifo-Geschäftsklimaindex stieg im September auf 93,4 Punkte von 92,5 Zählern im Vormonat und damit das fünfte Mal in Folge. Die 9000 befragten Manager beurteilten den Geschäftsausblick und ihre Lage günstiger als zuletzt. "Die deutsche Wirtschaft bewegt sich derzeit sicher in unruhigen Pandemie-Gewässern", warnte Ifo-Konjunkturexperte Klaus Wohlrabe aber im Reuters-Interview. Das Risiko einer zweiten Corona-Welle drücke auf die Stimmung der Dienstleister - etwa in der Reisebranche und beim Gastgewerbe.
Nach dem Corona-Schock und dem Lockdown im März und April haben viele Unternehmen wieder Boden gutgemacht. Die Belebung dürfte nach Einschätzung vieler Experten jedoch an Tempo einbüßen. "Der anfangs hohe Schwung der wirtschaftlichen Erholung ebbt ab, die Zahl der Corona-Neuinfizierten steigt - eine ungesunde Mischung zum Beginn des Herbstes", sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. "Der leichte Teil der Erholung ist vorbei." Politik und Wirtschaft wollen vor allem einen zweiten Lockdown vermeiden. "Die wirtschaftlichen Kosten sind einfach zu hoch", erläuterte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. Die Landesregierungen würden eher lokale und regionale Maßnahmen verhängen. "Selbst wenn es in Deutschland zu einer zweiten Corona-Welle käme, erwarten wir jedoch kein erneutes Schrumpfen der Wirtschaft, sondern lediglich ein geringeres Aufwärtstempo."
DIENSTLEISTER FÜRCHTEN 2. CORONA-WELLE - INDUSTRIE HOLT AUF
Weiter steigende Infektionszahlen - und damit auch die Folgen von Eindämmungsmaßnahmen - dürften vor allem Dienstleister treffen, sagte Union Investment-Chefvolkswirt Jörg Zeuner. "Die Industrie sollte weiter aufholen." Auch Ifo-Experte Wohlrabe sieht die Industrie auf dem Weg nach oben: "Sie setzt ihren Aufschwung fort, ihre Exporterwartungen haben sich deutlich verbessert."
Im Dienstleistungssektor jedoch ging der Ifo-Index zurück, nach zuletzt vier Anstiegen in Folge. Im Handel zog die Stimmung an. Viele Firmen gingen hier von einer weiteren Belebung in den kommenden Monaten aus. Auch am Bau läuft es derzeit rund. "Der Indikator zur aktuellen Lage kletterte auf den höchsten Wert seit März dieses Jahres", erklärten die Münchner Forscher. Der Ausblick sei weiter pessimistisch, aber etwas weniger als im August. Die Baubranche sorgt sich, dass die Kommunen ihre Investitionen in der Corona-Zeit herunterfahren.
Die deutsche Wirtschaft war im Frühjahr wegen der Corona-Krise in Rekordtempo um 9,7 Prozent eingebrochen. Ökonomen und Bundesregierung erwarten für das zu Ende gehende Sommer-Quartal ein kräftiges Wachstum, das Ifo-Institut etwa rechnet mit einem Plus von 6,6 Prozent. Dennoch dürfte es im Gesamtjahr 2020 eine kräftige Rezession mit einem Wirtschaftseinbruch von fünf bis sechs Prozent geben.
rtr