"Die deutsche Wirtschaft brummt", erklärte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. "Die Unsicherheit scheint verflogen zu sein." Damit könne das Wachstum 2016 größer ausfallen als bislang angenommen. "Das sehr gute erste Quartal und das aktuelle Ifo-Geschäftsklima deuten darauf hin, dass die Prognosen für das Gesamtjahr leicht nach oben korrigiert werden können", sagte Wohlrabe. Noch im April hatten die führenden Forschungsinstitute ihre Erwartungen auf 1,6 von 1,8 Prozent gesenkt.
Das Bruttoinlandsprodukt war von Januar bis März mit 0,7 Prozent so kräftig gewachsen wie seit zwei Jahren nicht mehr - vor allem wegen höherer Investitionen und Konsumausgaben. Experten gehen zwar nicht davon aus, dass sich dieses hohe Tempo halten lässt. Allerdings beurteilten die Manager ihre Geschäftsaussichten für die kommenden sechs Monate bereits zum dritten Mal in Folge optimistischer. Die Stimmung verbesserte sich in fast allen Bereichen: In der Industrie, in der Baubranche sowie im Groß- und Einzelhandel. "Die Bauwirtschaft erreicht sogar ein Rekordniveau", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. Lediglich die Dienstleister meldeten einen Rückgang.
"KAUFLAUNE BLEIBT UNGEBROCHEN"
Ein Garant für den Aufschwung dürften die kauffreudigen Verbraucher bleiben. "Sie gehen nach wie vor davon aus, dass die deutsche Wirtschaft ihren moderaten Aufschwung in den kommenden Monaten fortsetzt", erläuterte GfK-Experte Rolf Bürkl. Die Bereitschaft zum Kauf teurer Güter wie Möbel oder Autos ist derzeit so groß wie seit einem Jahr nicht mehr. Der stabile Arbeitsmarkt biete die Grundlage für spürbare Einkommenszuwächse. "Die Kauflaune bleibt ungebrochen."
Auch Banken-Ökonomen gehen von einem anhaltenden Aufschwung aus. "Die schlimmsten Alpträume einer globalen Rezession, die in den ersten Monaten des Jahren Märkte und Wirtschaft verängstigt haben, sind deutlich verschwunden", sagte Carsten Brzeski von ING-DiBa. "Von Brexit-Ängsten kann jedenfalls keine Rede sein", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Das deutsche Unternehmerlager sieht der Volksabstimmung in Großbritannien gelassen entgegen." Am 23. Juni stimmen die Briten über ihren Verbleib in der EU ab. Ein Abschied würde auch die deutsche Wirtschaft treffen, denn Großbritannien ist nach den USA und Frankreich der drittwichtigste Absatzmarkt für die Exporteure - weit vor China.
Große Sprünge werden Europas größter Volkswirtschaft aber auch nicht zugetraut. Ein Grund dafür ist die Konjunkturabkühlung in China & Co. "Das magere Wachstum in den Schwellenländern ist eine Bürde", sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. "Das schwierige internationale Umfeld ist derzeit die Achillesferse für die deutsche Ausfuhrwirtschaft."
Reuters