Nordrhein-Westfalen spielt in der Aufklärung des Skandals eine Schlüsselrolle, denn in Bonn sitzt das bei vielen Cum-Ex-Geschäften zuständige Bundeszentralamt für Steuern. Ein Großteil der Verfahren in dem Steuerskandal führt deshalb die Staatsanwaltschaft Köln, deren Anklagen dann beim Landgericht Bonn landen.
Bei den Cum-Ex-Geschäften ließen sich Anleger eine einmal gezahlte Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden mit Hilfe von Banken mehrfach erstatten. Dazu verschoben sie um den Stichtag der Dividendenzahlung herum untereinander Aktien mit - also cum - und ohne - ex - Dividendenanspruch. Dem Fiskus entstand ein milliardenschwerer Schaden. Zahlreiche Banken sind deswegen ins Visier der Ermittler geraten, wiederholt gab es Durchsuchungen bei Geldhäusern und Anwaltskanzleien. Laut "Handelsblatt" ermittelt allein die Staatsanwaltschaft Köln inzwischen in mehr als 60 Verfahrenskomplexen mit fast 900 Beschuldigten.
Doch bislang hat das Landgericht Bonn erst über eine Cum-Ex-Anklage der Kölner Ermittler verhandelt. Im März wurden im bundesweit ersten Strafprozess in dem Steuerskandal zwei britische Aktienhändler zu Bewährungsstrafen verurteilt. Zudem wurde die Warburg-Gruppe dazu verdonnert, wegen ihrer Cum-Ex-Geschäfte rund 176 Millionen Euro zu zahlen.
Das Landgericht Bonn richtete 2018 eine eigene Strafkammer für Cum-Ex-Verfahren ein, doch die erwartete Welle an Anklagen blieb bislang aus. Allmählich drängt die Zeit. "Weil es um bandenmäßigen Betrug geht, beträgt die Verjährungsfrist 20 Jahre", sagte Weismann. Das sei im Prinzip eine lange Zeit. Aber die Mehrheit der Cum-Ex-Geschäfte, die es zu bewerten gelte, lag zwischen 2007 und 2009. Die erste Verjährung wäre also 2027. "Bei der Vielzahl und Komplexität der Fälle ist das nicht mehr allzu fern."
rtr