Die Europäische Zentralbank (EZB) verteidigt ihre Nullzinspolitik unter anderem mit dem Verweis auf die sehr niedrige Inflationsrate. In der Eurozone betrug sie im September offiziell minus 0,3 Prozent. Ich persönlich habe aber nicht das Gefühl, dass die Preise gesunken sind - vielmehr hat sich zum Beispiel im Supermarkt einiges stark verteuert. Wie wird denn die Inflationsrate überhaupt berechnet und auf welcher Basis?
€URO AM SONNTAG: Steigende oder sinkende Preise sind etwas sehr Subjektives: Wer beispielsweise auf der Suche nach einer neuen Bleibe oder einem Handwerker ist, wird wahrscheinlich anders empfinden als jemand, der aufmerksam die Benzin- oder Heizölpreise verfolgt. Das persönliche Konsumverhalten entscheidet daher, ob gegen Ende des Monats durch Preisveränderungen mehr oder weniger Geld auf dem Konto verbleibt.
Die Statistikbehörde Eurostat ist zuständig für den europäischen Verbraucherpreisindex, der auf Informationen der 19 nationalen Statistikbehörden in den Euromitgliedsstaaten basiert. Diese messen die Preisveränderungen Tausender Waren und Dienstleistungen in einem fiktiven Warenkorb. Das soll für Objektivität und Vergleichbarkeit der Daten sorgen.
An diesen Daten, genauer gesagt an der Zusammensetzung des Warenkorbs, werden aber seit Jahren Zweifel geäußert. Die Inflationsrate werde künstlich niedrig gehalten, weil Vermögenspreise - etwa Aktien, Immobilien, Kunstwerke oder Gold, die alle in den vergangenen Jahren erheblich teurer geworden sind - außen vor bleiben, monieren die Kritiker unter anderem.
Es gibt zwar Überlegungen, die Auswahl des Warenkorbs und die Gewichtung einzelner Bestandteile zu reformieren, doch davon sollte man sich nicht zu viel versprechen: Beispielrechnungen für einen veränderten Warenkorb zeigen, dass sich dadurch die Inflationsrate um maximal 0,3 Prozentpunkte erhöhen würde.