Noch nagen Negativzinsen am Ersparten auf Giro- und Tagesgeldkonten. Die ING Deutschland steuert nun aber gegen und erhöht die Freibeträge drastisch. Von Simone Gröneweg
Endlich scheint die Zinswende die Sparer hierzulande zu erreichen. Die ING Deutschland erhöht zum 1. Juli dieses Jahres die Freibeträge für Guthaben auf Giro- und Extra-Konten (Tagesgeld), und zwar von derzeit 50 000 Euro auf demnächst 500 000 Euro pro Konto. Wer mehr Geld auf einem ING-Konto parkt, muss einen Strafzins in Höhe von 0,5 Prozent zahlen. Das sind aber wohl nur noch wenige Kunden. Nick Jue, Vorstandsvorsitzender der ING in Deutschland, erklärt jedenfalls: "Mit der Erhöhung des Freibetrags für Guthaben auf dem Giro- und Extra-Konto entfällt das Verwahrentgelt für 99,9 Prozent unserer Kundinnen und Kunden."
Man gebe die positive Zinsentwicklung an den Kapitalmärkten und die zuversichtliche Markterwartung frühzeitig an Kundinnen und Kunden weiter, heißt es in einer Mitteilung. Der Druck auf die Europäischen Währungshüter steigt also. Im Moment müssen Banken 0,5 Prozent Zinsen zahlen, wenn sie bei der Europäischen Zentralbank Geld parken. Angesichts der Rekordinflation deutet sich bei der EZB allerdings ein Ende der ultralockeren Geldpolitik an. Experten spekulieren auf eine erste Zinserhöhung im Juli.
Die konservativen Sparer warten schon lange sehnsüchtig auf eine Zinswende. Derzeit verlangen nach Angaben des Vergleichsportals Verivox 455 Banken Negativzinsen für Privatkunden. Dabei handelt es sich allerdings ausschließlich um Institute, die ihre Konditionen auf Websites oder in online zugänglichen Preisverzeichnissen veröffentlichen. Zuletzt erhöhten bereits einzelne Geldhäuser die Freibeträge. Dazu gehört zum Beispiel die Oldenburgische Landesbank (OLB), die den Freibetrag ebenfalls auf 500 000 Euro hochsetzte. Viele andere Geldhäuser ziehen die Grenze derzeit aber noch bei 100 000 Euro oder sogar schon bei 25 000 Euro.
Banken und Verbraucherschützer streiten schon seit längerer Zeit, ob solche Verwahrentgelte oder Minuszinsen überhaupt erlaubt sind. Verbraucherschützer haben darum mehrere Klagen eingereicht. Erste Urteile von Landgerichten gibt es bereits. Endgültige Klarheit wird es aber erst mit einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geben.
Vielleicht hat sich dieses Phänomen in absehbarer Zeit aber auch von selbst erledigt. Für Kundinnen und Kunden, die ab dem 1. Juli 2022 ein Konto bei der ING Deutschland eröffnen, sind die Negativzinsen wohl kein Thema mehr. Sie stimmen bereits den Allgemeinen Geschäftsbedingungen inklusive der neuen Freibeträge zu. Für Bestandskunden, die bereits einem Verwahrentgelt für Guthaben über 50 000 Euro zugestimmt haben, gelten die Freibeträge von 500 000 Euro pro Konto ab diesem Zeitpunkt automatisch.