Das Kabinett wollte Regierungskreisen zufolge noch am Abend über eine mögliche Senkung des Neuverschuldungsziels beraten. Dies nährte an den Börsen Hoffnungen auf einen Kompromiss: Der Aktienmarkt in Mailand legte zu, gleichzeitig sanken die Risikoaufschläge für italienische Staatsanleihen.

"Wichtig ist, dass der Haushalt die Ziele enthält, die wir uns vorgenommen haben", sagte Vize-Regierungschef, Luigi Di Maio. Der Chef der Fünf-Sterne-Bewegung bezog sich dabei auf Maßnahmen wie ein Grundeinkommen in Form eines Bürgergelds. Wenn die Verhandlungen mit der EU-Kommission bedeuteten, dass das Defizitziel ein wenig reduziert werden müsse, sei das für die Regierung nicht wichtig. "Bürger sind wichtiger als Zahlen", betonte Di Maio im Sender Radio Radicale. Aus Brüssel habe es eine "positive Rückmeldung" zu Plänen für eine niedrigere Neuverschuldung gegeben, sagte der andere Vize-Regierungschef Matteo Salvini, Chef des rechten Koalitionspartners Lega. Eine offizielle Reaktion steht indes noch aus.

Die Europäische Zentralbank (EZB) warnte die Regierung in Rom vor Mehrausgaben. Deren günstige Effekte auf die Konjunktur dürften durch den damit einhergehenden Anstieg der Finanzierungskosten wieder wettgemacht und "vielleicht sogar mehr als neutralisiert werden", sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet. Höhere Kreditkosten hätten negative Folgen für die gesamte Wirtschaft, besonders für Banken und Investitionen, die dadurch teurer würden. "Dies ist eine Situation, die nicht nachhaltig ist", warnte Praet.

"KLEINE FEINABSTIMMUNG"



Italien sitzt auf einem Schuldenberg von rund 130 Prozent des BIP. In der Euro-Zone kommt nur Griechenland auf einen höheren Wert. Investoren zweifeln angesichts der Ausgabenpläne der Regierung in Rom, ob der Staat seine Schulden auf Dauer zurückzahlen kann, und verlangten deshalb zuletzt für frisches Geld deutlich höhere Risikoaufschläge. Die Aussicht auf einen Kompromiss mit der EU-Kommission drückte die Rendite der zehnjährigen italienischen Staatsanleihe nun um gut 0,2 Punkte auf 3,17 Prozent, den niedrigsten Wert seit zwei Monaten.

Die Brüsseler Behörde hatte vergangene Woche auch den nachgebesserten Budgetentwurf aus Rom wegen Verstößen gegen EU-Regeln abgelehnt. Für Italien steht deshalb eine Strafe von bis zu 3,4 Milliarden Euro im Raum. Am Samstag hatten sich EU-Kommmissionschef Jean-Claude Juncker und Ministerpräsident Giuseppe Conte in Brüssel getroffen, um den Konflikt zu entschärfen. Beide Seiten vereinbarten einen weiteren Dialog in den nächsten Tagen.

Salvini äußerte die Einschätzung, dass niemand an dem von der Regierung für den Etatentwurf angesetzten Defizitziel klebe. Das Problem seien nicht die Stellen hinter dem Komma, sondern es gehe darum, ernsthaft und konkret zu sein, sagte der Lega-Chef am Sonntag einer Meldung der Nachrichtenagentur Adnkronos zufolge. Der für Infrastruktur zuständige Staatssekretär Armando Siri sagte der Zeitung "Il Messaggero": "Um den Haushalt zu sichern und einen Anstieg der Marktturbulenzen zu vermeiden, könnte eine kleine Feinabstimmung in Betracht gezogen werden."

rtr