Anders als nach der weltweiten Finanzkrise 2008 verfügt Europa aber inzwischen über ein Regelwerk für den Umgang mit Problembanken. Zudem gibt es inzwischen einen üppig ausgestatteten Rettungsfonds ESM, der in Spanien bereits den Praxistest bestanden hat. Dort wurden bis Ende 2013 mehr als 41 Milliarden Euro zur Sanierung der Banken zur Verfügung gestellt.
Von einer echten Euro-Krisengefahr wollen denn auch weder Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem noch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble etwas wissen. Doch es gibt auch warnende Stimmen: Tschechiens Finanzminister Andrej Babis hält Italiens Bankenkrise für schlimmer als den Brexit.
SOLLEN STEUERZAHLER BANKEN RETTEN?
Regierungschef Renzi will die Banken-Probleme seines Landes mit Staatsgarantien und notfalls auch Steuergeldern lindern. Dabei sollte genau das in Europa eigentlich inzwischen die allerletzte Möglichkeit sein, wenn bei den Instituten, deren Eigentümern und Gläubigern nichts mehr zu holen ist. Diese sogenannte Bail-In-Lösung sehen jedenfalls die Abwicklungsregeln (BRRD) für Banken vor. Greift Italien für seine maladen Geldhäuser in die Kasse, kommt ein weiteres Problem hinzu: Die Staatsverschuldung würde noch weiter nach oben getrieben. Sie ist innerhalb Europas mit knapp 133 Prozent der Wirtschaftsleistung bereits außerordentlich hoch. Der europäische Richtwert liegt bei 60 Prozent.
Die Euro-Finanzminister pochen darauf, das Italien die beschlossenen Regeln einhalten muss. Es gibt aber zwei Möglichkeiten, die Hilfe erlauben, ohne das diese Gebote verletzt werden. Das Land könnte wie seinerzeit Spanien ein Hilfsprogramm für Banken beim ESM beantragen. Dann müsste es sich allerdings Auflagen unterwerfen. Die zweite Möglichkeit für Renzi wäre, Ausnahmen im Abwicklungsgesetz für Banken von dem Bail-In in Anspruch zu nehmen. In "außergewöhnlichen Umständen" sind sie möglich - etwa, wenn "die Gefahr einer ausgedehnten Ansteckung" droht oder auch, wenn Finanzmärkte gestört oder die Wirtschaft eines Mitgliedslandes insgesamt gefährdet würde.
STÜRZT RENZI ÜBER DIE BANKENKRISE?
Für Renzi selbst wird die Bankenkrise zum Prüfstein: Der Regierungschef, der das Amt nach dem Sturz seines Vorgängers Enrico Letta 2014 übernommen hat, muss sich im Herbst dem Votum des Volkes stellen - bei einem Referendum über die von ihm angestoßene Verfassungsreform. Renzi hat sein politisches Schicksal damit verbunden. Dabei soll unter anderem über eine Beschneidung der Macht des Senats das politische System stabiler werden. Sollte das Lieblingsprojekt des Ministerpräsidenten beim Volk durchfallen, wäre auch die von Reformen geprägte Ära Renzi abrupt zu Ende. Er müsste dann lange vor den regulär 2018 anstehenden Parlamentswahlen seinen Hut nehmen.
Angesichts dieser Aussichten ist es für Renzi in der Bankenkrise von größter Bedeutung, dass Sparer und Kleinanleger bei der Sanierung der Geldinstitute nicht zu stark bluten müssen. Für ihn wäre es fatal, falls der Eindruck entstehen sollte, dass die Bankenrettung auf dem Rücken des kleinen Mannes ausgetragen wird.
Angesichts wachsenden Zulaufs bei der EU-kritischen Protestbewegung "Fünf Sterne" befürchten Beobachter, dass das Land nach einer Phase relativer politischer Stabilität in schwieriges Fahrwasser geraten könnte. Das aber würde für die EU, die durch das Brexit-Votum der Briten bereits ins Schlingern geraten ist, noch mehr Unsicherheit bedeuten. Anders als Großbritannien zählt Italien zu den Gründungsmitgliedern der Union und gilt als unverzichtbar für deren Zukunft. Geht auch noch der Reformer Renzi verloren und hätten künftig EU-Skeptiker das Sagen im Land, so würde es extrem schlecht für die EU aussehen, fürchten viele.