CDU-Arbeitsmarktexperte Peter Weiß rechnet mit über vier Millionen Kurzarbeitern. BA-Chef Detlef Scheele erwartet trotz Kurzarbeit für April bis zu 200.000 Arbeitslose mehr. Die Arbeitslosenzahl von gut 2,3 Millionen im März bildet die Krise noch nicht ab: Die Viruskrise verschärfte sich erst nach dem Zähltag der Arbeitslosen am 12. März.

Mit der Anzeige von Kurzarbeit starten die Betriebe das formale Verfahren, damit Beschäftigte Kurzarbeitergeld erhalten. Die Anzeigen kommen aus nahezu allen Branchen. Heil sagte bei einer Pressekonferenz mit Scheele in Berlin, sehr viele kämen aus dem Bereich Gastgewerbe und Handel. In klassischen Krisen haben vor allem große Industriebetriebe wie Autobauer Kurzarbeit genutzt, um zeitweisen Auftragsmangel ohne Entlassungen zu überbrücken. Nun sind weitaus mehr Branchen bis hin zum kleinen Geschäft betroffen. Die BA zählt in ihrer Beschäftigtenstatistik insgesamt knapp 2,2 Millionen Betriebe.

HEIL: KRISE NICHT SCHUTZLOS AUSGELIEFERT


"Wir sind dieser Krise ausgesetzt, wir sind ihr aber nicht schutzlos ausgeliefert", sagte Heil. Weite Teile des öffentlichen Lebens und der Wirtschaft sind durch die Maßnahmen von Bund und Ländern zur Eindämmung der Virusausbreitung lahmgelegt. Durch eine Lockerung der Kurzarbeitregeln und der vollen Kostenübernahme für die Betriebe sollen Entlassungen vermieden werden. "Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz, der gefährdet ist", versprach Heil.

Wie viele Arbeitnehmer in den Betrieben davon betroffen sein werden, erfasst die BA in ihrer Statistik erst, wenn tatsächlich kurzgearbeitet wurde. Die Bundesregierung rechnet bisher mit über zwei Millionen Beschäftigten, die auf Kurzarbeitergeld angewiesen sein werden. "Die Anzeigen von Kurzarbeit steigen so dramatisch, dass wir auf jeden Fall die Rekordzahl vom März 2009 weit übertreffen, möglicherweise verdreifachen werden", sagte CDU-Arbeitsexperte Weiß zur Reuters. Im Frühjahr 2009 bezogen rund 1,4 Millionen Beschäftigte Kurzarbeitergeld.

HEIL WILL ERNEUT MIT ARBEITGEBERN ÜBER AUFSTOCKUNG REDEN


Trotz Kurzarbeit rechnet die BA im April entgegen der für die Jahreszeit üblichen Abnahme der Arbeitslosenzahl um etwa 50.000 nun mit einer höheren Zahl. "Wir gehen zurzeit davon aus, dass die Arbeitslosigkeit um 150.000 bis 200.000 Menschen gestiegen ist", sagte BA-Chef Scheele in Berlin. Die BA hatte zuvor die März-Zahlen bekanntgegeben. Sie bilden die Krise noch nicht ab. Demnach ging die Arbeitslosenzahl um 60.000 auf 2,335 Millionen zurück. Die Arbeitslosenquote sank auf 5,1 Prozent. Im März ist ein Rückgang üblich, weil in den Außenberufen mit der Frühjahrsbelebung die Beschäftigung steigt.

Für Kurzarbeitergeld und Erstattung der Sozialbeiträge an die Arbeitgeber plant die BA zunächst außerplanmäßige Ausgaben von zehn Milliarden Euro ein. Sie kann dafür auf ihre Rücklagen von 26 Milliarden Euro zurückgreifen. Daraus wäre auch ein höherer Aufwand zu finanzieren, wenn die Krise tiefer und länger verläuft. Für eine Anhebung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung sieht Heil keinen Anlass: "Es gibt im Moment keinen Grund, über höhere Beiträge zu spekulieren."

Der Minister will aber erneut bei Gewerkschaften und Arbeitgebern darauf dringen, dass Arbeitgeber das von der BA gezahlte Kurzarbeitergeld von 60 Prozent (67 Prozent mit Kindern) des Lohnausfalls aufstocken. "Ich werde die Sozialpartner erneut einladen, um diese Frage fair zu diskutieren", kündigte Heil an. Er wies darauf hin, dass Arbeitgeber 100 Prozent ihrer Sozialabgaben erstattet bekämen.

Die Bundesregierung plant Insidern zufolge zudem weitere Hilfen für mittelständische Unternehmen. Es gehe konkret um Firmen mit mehr als zehn Mitarbeitern, die aber zu klein für den neuen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) seien, hieß es in Regierungskreisen. "Da müssen wir natürlich noch was tun." Es gebe dazu momentan Gespräche, um die Details zu klären. "Da wird auch noch was kommen."

rtr