Medien, vor allem Verlage, gelten in der Disruption des KI-Zeitalters als großer Verlierer. Dass es auch anders geht, macht nun die New York Times Company bei Vorlage der Q2-Bilanz vor.
Der Sonnenwende-Moment ist gut zweieinhalb Jahre her. Am 30. November 2022 launchte OpenAI ChatGPT – und seitdem ist nichts mehr, wie es einmal war. Weder an den Kapitalmärkten, an denen Technologieaktien, die in irgendeiner Form mit Künstlicher Intelligenz assoziiert werden, haussieren, noch in den Medienwelt, bis nach allen Mustern von Schumpeters kreativer Zerstörung disruptiert wird.
Dass es indes auch anders geht und noch Hoffnung für die angeschlagene Medienindustrie gibt, macht seit Jahren ein Zeitungspionier vor, der für viele als letztes Bollwerks gegen Niedergang der Branche gilt: die New York Times Company.
Aktie schießt auf neue Allzeithochs
Im zweiten Quartal lieferte die NYT ein beeindruckendes Zahlenwerk ab und wird dafür an der Börse belohnt: Die Aktie erreichte gestern nach einem Kursplus von in der Spitze 20 Prozent bei 62,47 Dollar ein neues Allzeithoch. Was hinter dem Höhenflug steckt, ist mehr als ein guter Nachrichtenzyklus. Vielmehr zeigt sich: Die NYT ist auf dem besten Weg, das Modell eines zukunftsfähigen Medienunternehmens zu definieren – digital, diversifiziert und datengetrieben.
So kletterte der Umsatz der New York Times im zweiten Quartal auf 685,9 Millionen Dollar, ein Anstieg von 9,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und damit leicht über den Erwartungen der Analysten. Noch beeindruckender ist die operative Entwicklung: Der bereinigte operative Gewinn legte um 27,8 Prozent auf 133,8 Millionen Dollar zu. Die operative Marge verbesserte sich um 280 Basispunkte auf 19,5 Prozent. Unterm Strich steht ein bereinigter Gewinn je Aktie von 0,58 Dollar – satte 13,6 Prozent über dem Konsens und ein Plus von 28,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Frühzeitige Digitalwette zahlt sich
Wachstumstreiber bleibt das Digitalgeschäft. Die reinen Digital-Abonnementeinnahmen stiegen um 15,1 Prozent auf 350,4 Millionen Dollar. Die Zahl der reinen Digital-Abonnenten erhöhte sich um 230.000 auf 11,3 Millionen. Zwar fällt das Plus geringer aus als in früheren Quartalen, doch dafür zeigt sich der Erfolg in der Monetarisierung: Der durchschnittliche Umsatz pro Nutzer steigt, auch dank attraktiver Bündelangebote mit Inhalten wie „NYT Cooking“, „The Athletic“, Audio und Games.
Bemerkenswert ist auch der Fortschritt bei „The Athletic“, dem Sport-Portal der NYT. Dessen Umsatz legte im Vorjahresvergleich um 33,4 Prozent auf 54 Millionen Dollar zu – erstmals wurde ein positives operatives Ergebnis erzielt. Die Werbeeinnahmen des Segments verdoppelten sich nahezu. Damit gelingt der Beweis, dass hochspezialisierte Inhalte, klug vermarktet, ein tragfähiges Geschäftsmodell ergeben können.
Digitale Werbeeinnahmen mit zweistelligem Plus
Insgesamt verzeichnete die NYT im Werbebereich ein zweistelliges Plus: Digitale Werbeeinnahmen stiegen um 18,7 Prozent auf 94,4 Millionen Dollar, während die Printwerbung nahezu stabil blieb (–0,1 Prozent). Digitale Werbung macht damit 68 Prozent des gesamten Werbeumsatzes aus – ein weiterer Beleg für den strukturellen Wandel.
Auch die Bilanzseite überzeugt: Der freie Cashflow lag in den letzten zwölf Monaten bei 455 Millionen Dollar – ein Anstieg von über 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Die NYT kaufte im Quartal Aktien im Wert von 23,6 Millionen Dollar zurück und bestätigte ihre Dividendenpolitik, mindestens die Hälfte des Free Cashflows an Aktionäre auszuschütten. Trotz gestiegener operativer Kosten (+6,2 Prozent) – unter anderem durch höhere Vertriebs- und Rechtskosten im Zusammenhang mit KI-Litigation – bleibt die Kostendisziplin gewahrt.
Ein Medienhaus für das KI-Zeitalter
Die Marktreaktion fiel euphorisch aus – und sie dürfte mehr sein als ein kurzes Momentum. Die NYT sei ein Beweis dafür, dass sich Inhalte, Daten und Plattformstrategien erfolgreich kombinieren lassen, um im KI-Zeitalter zu bestehen, kommentierten Marktbeobachter in den sozialen Medien.
Tatsächlich investiert das Unternehmen gezielt in maschinelles Lernen, Personalisierung und datengestützte Preisstrategien. Die Zielmarke von 15 Millionen Abonnenten bis 2027 erscheint angesichts der Wachstumsdynamik zunehmend realistisch.Allerdings zeichnet sich ab, dass der Zuwachs bei reinen Digitalabonnenten mit zunehmender Marktdurchdringung abflacht. Künftig dürfte daher die Steigerung des durchschnittlichen Nutzerwerts (ARPU) stärker im Fokus stehen – durch Preiserhöhungen, mehr Produktbündelung und gezielte Nutzerbindung.
Für das laufende Quartal prognostiziert die NYT ein Umsatzplus bei digitalen Abos von 13–16 Prozent, bei digitaler Werbung wird ein Wachstum im hohen einstelligen Prozentbereich erwartet. Die operativen Kosten sollen moderat um 5–6 Prozent steigen. Die Aktie ist auch Kurssprung mit einem KGV von 32 allerdings nunmehr auch ambitioniert bewertet.