Die US-Großbank JP Morgan strampelt sich allmählich von den Lasten ihrer zahlreichen Rechtsstreitigkeiten frei. Weil Rekordstrafen für unlautere Geschäfte dieses Mal ausblieben, schaffte das Institut im dritten Quartal einen Nettogewinn von 5,6 Milliarden Dollar und bügelte damit den Vorjahresverlust aus. Vorstandschef Jamie Dimon verwies am Dienstag darauf, dass sich die Geschäfte im wichtigen Investmentbanking zusehends belebten. Zudem ziehe die heimische Konjunktur an und setze sich von den trüben Aussichten für die Weltwirtschaft ab. Auch die beiden Konkurrenten Citigroup und Wells Fargo scheffelten Milliardengewinne und legen damit die Latte für Europas Geldhäuser in der Berichtssaison hoch. Citi will zudem das Privatkundengeschäft im Ausland weiter stutzen, um noch rentabler zu werden.

An der Wall Street zeigten sich die Anleger zwiegespalten. Die Citi-Aktie legte zu Handelsbeginn in New York über zwei Prozent zu, während die Papiere von JP Morgan und Wells Fargo nachgaben.

Die Quartalszahlen der US-Banken werden am Kapitalmarkt stets mit Spannung erwartet, weil sie den Trend für die Branche vorgeben. Daher sorgte eine technische Panne für viel Aufmerksamkeit. Zwei Stunden vor der geplanten Veröffentlichung erschien der detaillierte Quartalsbericht von JP Morgan bereits auf der Internetseite Shareholder.com, die zum Börsenanbieter Nasdaq OMX gehört. Wie es dazu kommen konnte, blieb zunächst offen. Erst im August hatte die größte US-Bank einen beispiellosen Hackerangriff einräumen müssen, bei dem Daten von 76 Millionen Haushalten ausgespäht wurden.

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ANLEIHEHANDEL SENDET LEBENSZEICHEN

Vor einem Jahr hatte JP Morgan noch einen Verlust von 380 Millionen Dollar geschrieben, weil das Institut ein Bußgeld von gut sieben Milliarden Dollar wegen umstrittener Hypothekengeschäfte verschmerzen musste. Auch dieses Mal musste die Bank wieder Geld für Rechtsstreitigkeiten zur Seite legen - aber deutlich weniger.

Dimon, der sich gerade einer Krebsbehandlung unterzogen hat, konnte deswegen den Blick auf das florierende Kerngeschäft lenken - das Investmentbanking: Sowohl im Beratungsgeschäft als auch im Handel sei wieder mehr los, berichtete der Top-Banker. So stiegen die Einnahmen mit festverzinslichen Wertpapieren im Vergleich zum Vorjahr um zwei Prozent auf 3,5 Milliarden Dollar und selbst zum Vorquartal gab es ein kleines Plus, obwohl die Sommermonate wegen der Urlaubssaison traditionell ruhiger sind. Dabei half, dass es im September wieder größere Schwankungen an den Märkten gab, nachdem im Anleihehandel wegen der anhaltenden Niedrigzinsen lange Zeit Flaute geherrscht hatte. Das dürfte Anleger auch für die Zahlen der Deutschen Bank hoffen lassen, die am 29. Oktober erwartet werden. Die Frankfurter sind in diesem Bereich traditionell stark.

Wermutstropfen bei JP Morgan war das Hypothekengeschäft, in dem der Gewinn um über ein Drittel einbrach. Viele Familien haben die Niedrigzinsen bereits zur Refinanzierung ihrer Kredite genutzt, der Markt kühlt sich langsam wieder ab. Und von Darlehen an ärmere Immobilienkäufer nimmt das Institut nach eigenen Angaben Abstand - das Risiko wird als Lehre aus der Finanzkrise als zu groß eingestuft. Zum führenden US-Hypothekenfinanzierer hat sich mittlerweile Wells Fargo gemausert. Das kalifornische Institut konnte sich der Abkühlung auf dem Markt ebenfalls nicht ganz entziehen - der Quartalsgewinn kletterte vergleichsweise moderat um knapp zwei Prozent auf 5,4 Milliarden Dollar.

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CITI RÄUMT WEITER AUF

Die drittgrößte US-Bank Citi konnte ihr Ergebnis - bereinigt um Sonderfaktoren und ebenfalls getragen von einem starken Investmentbanking - um 13 Prozent auf fast 3,7 Milliarden Dollar steigern. Hier dominieren noch immer die Aufräumarbeiten das Geschehen. Das Institut war in der Krise vom Staat aufgefangen worden und richtete sich danach eine interne "Bad Bank" ein, in der faule Kredite und Wertpapiere über die Zeit abgebaut werden sollen. Diese Sparte kämpfte sich im abgelaufenen Quartal in die Gewinnzone, denn viele Portfolios lassen sich inzwischen wieder besser verkaufen. Das half dem Geldhaus insgesamt auf die Sprünge.

Kleiner wird die "Bad Bank" so schnell aber nicht - im Gegenteil. Im nächsten Jahr landen darin weitere Teile des Privatkundengeschäfts, wie Vorstandschef Michael Corbat ankündigte. Der Konzern solle weiter verschlankt werden, erklärte er. Citigroup - die US-Bank mit dem größten Auslandsnetz - müsse ihre Ressourcen besser einsetzen. Die Konsequenz: Das Institut zieht sich in elf weiteren Ländern aus dem klassischen Geschäft mit Kleinsparern zurück. Betroffen ist vor allem Lateinamerika, aber auch aus Japan, Ägypten, Ungarn und Tschechien verabschiedet sich das Geldhaus. Corbat hofft, die Geschäftsteile bis Ende 2015 verkauft zu haben. Citi will stattdessen das Profil im Firmenkundengeschäft im Ausland schärfen. Damit geht das Institut zurück zu seinen Wurzeln.

Reuters