Es war eine der größten Pleiten des Grauen Kapitalmarkts. Als die Windanlagenfirma Prokon Insolvenz anmeldete, zitterten 75 000 Anleger um rund 1,4 Milliarden Euro. Bis zu acht Prozent Zinsen sollten Investoren auf ihre Genussscheine bekommen. Nun, nach gut einem Jahr Arbeit für den Insolvenzverwalter, sehen sie wenigstens die Hälfte des eingezahlten Kapitals wieder. An Zinsen denkt keiner mehr. Doch im Vergleich zu anderen Graumarktinvestments, bei denen Anleger wenig bis gar kein Geld wiedersehen, sind die Prokon-Gläubiger noch gut weggekommen.

Damit solche Pleiten nicht wieder vorkommen, hat die Bundesregierung das Kleinanlegerschutzgesetz beschlossen. Das Regelwerk wird im Laufe des Juli schrittweise in Kraft treten und den Graumarkt deutlich weißer, sprich transparenter, machen. Bislang war dieser Teil des Finanzmarkts, der außerhalb von Börsen und Banken stattfindet, nur teilweise über das Vermögensanlagegesetz geregelt. Das Regelwerk verpflichtet Anbieter von Geschlossenen Fonds und Genussscheinen, einen Prospekt zu erstellen, den sie sich von der Finanzmarktaufsicht Bafin genehmigen lassen müssen.

Diese Prospektpflicht gilt seit 1. Juli auch für weitere bislang gar nicht regulierte Produkte, bei deren Pleiten Privatanleger in der Regel als Letzte entschädigt werden. Das sind partiarische, also gewinnabhängige Darlehen, Nachrangdarlehen sowie alle wirtschaftlich vergleichbaren Anlagen und Crowdinvestments. Hierbei sammeln frisch gegründete Unternehmen über das Internet von vielen Anlegern Geld ein und versprechen, es nach einigen Jahren mit Gewinn zurückzuzahlen.

Hohe Hürde für Pleitekandidaten



"Durch die Prospektpflicht werden es einige Anbieter, deren Wirtschaftskonzept erkennbar instabil ist, nicht mehr an den Markt schaffen", glaubt Dorothea Mohn vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Im Prospekt müssen die Anlageprojekte genau beschrieben werden. Ziele, Chancen, Risiken und die finanzielle Situation des Unternehmens oder Projekts müssen genau umrissen werden. Die Bafin kontrolliert, ob die Informationen verständlich und widerspruchsfrei sind. "Leider prüft die Bafin nicht die inhaltliche Richtigkeit", kritisiert Mohn. Verweigert ein Unternehmen den Prospekt oder ist er unvollständig, darf die Bafin den Namen der Firma veröffentlichen. Unternehmen, die wiederholt nicht oder falsch informieren, kann die Aufsicht dichtmachen.

Da wohl nur die wenigsten Anleger den oft Hunderte Seiten starken Prospekt lesen werden, gibt es seit dem 1. Juli auch ein Vermögensanlageinformationsblatt (VIB). Dieses soll in aller Kürze über die Anlage aufklären, auf Risiken hinweisen und stets den Satz enthalten: "Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen." Auch wenn die Anbieter werben - etwa in Zeitschriften -, muss dieser Warnhinweis gut sichtbar erscheinen.

Crowd-Investments kommen unter bestimmten Bedingungen um den Prospekt herum. Sie müssen erst dann einen solchen abliefern, wenn sie insgesamt mehr als 2,5 Millionen Euro einwerben. Um einzelne Finanziers bei einer Pleite zu schützen, wurden mit dem neuen Gesetz jedoch Obergrenzen eingeführt: Ein einzelner Anleger darf als Teil des Schwarms nur noch höchstens 1000 Euro investieren. Beträge bis 10 000 Euro darf er nur dann einzahlen, wenn der Betrag maximal das Doppelte seines monatlichen Nettoeinkommens beträgt oder der Anleger über ein liquides Vermögen von mindestens 100 000 Euro verfügt.

Genossenschaften und soziale Projekte können auf einen Prospekt verzichten, wenn deren Anteile ohne erfolgsabhängige Vergütung, also ohne Provisionen oder andere Prämien für Verkäufer, vertrieben werden. Auch eine Anlage, die höchstens aus 20 Anteilen besteht, ist von der Prospektpflicht befreit, sofern innerhalb eines Jahres lediglich Anteile für insgesamt weniger als 100 000 Euro angeboten werden oder der Preis jedes angebotenen Anteils mindestens 200 000 Euro je Anleger beträgt. Damit soll gewährleistet werden, dass nur vermögende oder institutionelle Kunden wie Pensionskassen investieren können.

Verbraucherschützerin Mohn findet die neuen Regeln gut, dennoch habe die Bundesregierung eine Lücke gelassen: "Anlageobergrenzen wie beim Crowdinvestment wären auch bei anderen Anlageprodukten, die vom Kleinanlegerschutzgesetz betroffen sind, sinnvoll", erklärt sie. Denn nur so könnte verhindert werden, dass Anleger bei einer Pleite finanziell ruiniert sind.