"Das ist die Hausnummer", sagt eine mit den Zahlen vertraute Person. Eine anderer Vertreter aus dem Koalitionslager bestätigte: "Die Regierung geht kräftig nach unten." In ihren bisherigen offiziellen Schätzungen war die Regierung von einem Wachstum von 1,8 Prozent in diesem und 2,0 Prozent im nächsten Jahr ausgegangen. Noch sind die neuen Zahlen zur Wachstumsschätzung, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel am Dienstag vorstellen will, nicht endgültig. "Es wird noch gerechnet", hieß es in den Kreisen. Es gebe noch Unschärfen. Klar sei aber, dass die Bundesregierung in Richtung der jüngsten Prognosen der führenden Wirtschaftsforschungsinstitute gehen werde. Nach deren neuer Gemeinschaftsdiagnose sanken die Wachstumserwartungen auf 1,3 Prozent für 2014 und auf 1,2 Prozent für 2015. Diese liegen damit jeweils rund dreiviertel Prozentpunkte unter den vorherigen. Die neue Regierungsprognose bildet die Grundlage für die nächste Steuerschätzung der Bundesregierung, die in wenigen Wochen ansteht.

Hauptgrund für die kräftige Revision sind den Kreisen zufolge insbesondere die schwachen August-Zahlen zum Außenhandel, den Industrieaufträgen und der Produktionsentwicklung. Das außenwirtschaftliche Umfeld habe sich insgesamt ungünstig entwickelt, gerade auch in den europäischen Nachbarländern, die für die deutschen Außenhändler von großer Bedeutung sind. "Die Wachstumsschwäche ist in den Kern der Währungsunion vorgedrungen", hieß es in den Kreisen. Daneben drückten die vielen geopolitischen Krisenherde - unter anderem in der Ukraine - auf die deutschen Wachstumsaussichten. Dagegen sei die Binnenkonjunktur wegen der relativ stabilen Arbeitsmarktverfassung noch einigermaßen robust.

Noch vor wenigen Wochen hatten Finanzminister Wolfgang Schäuble und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel die Erwartung genährt, dass es zu lediglich kleinen Prognosesenkungen kommen werde. In einem Reuters-Interview hatte Finanzminister Wolfgang Schäuble Mitte September deutlich gemacht, trotz der schwächeren Konjunktur sehe er für die Finanzpolitik und damit beim Ziel der "schwarzen Null" im Bundesetat 2015 keinen Korrekturbedarf.

Reuters