Die Ampelparteien setzen in dreifacher Hinsicht auf Aktien für die Altersvorsorge. Das geht aus dem Entwurf eines Koalitionsvertrags hervor. Hintergrund ist der Wunsch, die langfristig hohen Börsenrenditen zu nutzen.
Dabei soll es jeweils eigenständige Lösungen für Gesetzliche Rentenversicherung (GRV), Riester-Rente und betriebliche Altersversorgung geben. Die GRV soll 2022 zehn Milliarden Euro aus Steuermitteln als Kapitalstock bekommen (zum Vergleich: 2020 flossen in Form von Steuern und Beiträgen 330 Milliarden Euro).
Der Vertragsentwurf spricht von einem "ersten Schritt" in eine teilweise Kapitaldeckung, ohne mögliche weitere Schritte zu benennen. Es bleibt also offen, wie viel Geld hinzukommen soll, ob auch Rentenbeiträge fließen sollen und wie die Auszahlung laufen soll.
Bei der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge via Riester ist das Papier ebenfalls recht unkonkret. Es heißt lediglich: "Wir werden das Angebot eines öffentlich verantworteten Fonds mit einem effektiven und kostengünstigen Angebot mit Abwahlmöglichkeit prüfen. Daneben werden wir die gesetzliche Anerkennung privater Anlageprodukte mit höheren Renditen als Riester prüfen."
Schwedisches Modell
Aus dem Kontext ergibt sich, dass es um das sogenannte schwedische Modell mit leichten Modifikationen geht. Die Skandinavier müssen 2,5 Prozent ihres Einkommens in die "Prämienrente" einzahlen - rund 1000 Fonds stehen zur Auswahl. Will man sich keiner der privaten Alternativen anvertrauen, was rund die Hälfte der Berechtigten tut, greift der Staatsfonds AP7. Er legt das Geld des Versicherten bis zu dessen 55. Geburtstag komplett in Aktien an. Ab 55 wird schrittweise in einen Rentenfonds mit geringerem Risiko umgeschichtet. Ausgezahlt wird schließlich ein lebenslang gleichbleibender Rentenzuschlag.
In der betrieblichen Altersversorgung muss laut Vertragsentwurf das sogenannte Sozialpartnermodell "nun umgesetzt werden". Im Jahr 2018 wurde dieses Projekt der damaligen Bundessozialministerin Andrea Nahles Gesetz, weshalb Experten auch von der "Nahles-Rente" sprechen. Sie erlaubt erstmals Betriebsrenten ohne Garantien, wodurch höhere Aktieninvestments möglich sind.
Umgesetzt ist die Nahles- Rente noch nirgendwo. Der drittgrößte deutsche Versicherungskonzern Talanx (wichtige Töchter: HDI, Hannover Rück) ist sich schon seit Monaten mit der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi einig, den Beschäftigten in der Bundesrepublik eine solche Lösung anzubieten.
Doch die Finanzaufsicht Bafin hat immer noch nicht zugestimmt. Sie zweifelt beispielsweise daran, ob Verdi-Mitglieder - wie vorgesehen - besser gestellt werden dürfen als andere Arbeitnehmer.