Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) fiel von April bis Juni um 0,1 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte und damit eine frühere Schätzung bestätigte. Zum Jahresauftakt war Europas größte Volkswirtschaft noch um kräftige 0,4 Prozent gewachsen.
Die Verbraucher erhöhten ihre Ausgaben im Frühjahr zwar leicht. Die Unternehmen investierten auch mehr. Der Außenhandel wirkte jedoch als mächtiger Bremsklotz, da die Exporte weit stärker schrumpften als die Importe: "Das Minus bei den Exporten sollte als wirtschaftliches Blaulicht verstanden werden", meint Ökonom Thomas Gitzel von der VP Bank.
Besonders der Handelskonflikt zwischen den beiden weltgrößten Wirtschaftsmächten USA und China belastet die globale Konjunktur und schlägt auch auf Export-Europameister Deutschland durch: "Die schwachen Ausfuhren sind der Brandherd, der nun droht, auf die Binnenwirtschaft überzuspringen", warnt Gitzel. Im Vergleich zum Vorjahresquartal zeige sich bereits eine nachlassende Investitionsdynamik: "Die Alarmglocken fangen nun auch in der Binnenwirtschaft an zu läuten."
Schrumpft die Wirtschaft im laufenden Sommerquartal erneut, sprechen Experten von einer technischen Rezession. Die jüngsten Konjunktursignale stimmen pessimistisch: Der Ifo-Geschäftsklimaindex fiel im August auf den schlechtesten Wert seit fast sieben Jahren, weil die Schwäche der Industrie zunehmend auf die Dienstleister überzugreifen droht.
"Da wir nicht von einer Einigung im Handelsstreit und von positiven Wachstumsimpulsen aus dem Außenhandel ausgehen, dürfte die Investitionstätigkeit der Unternehmen noch weiter leiden", prognostiziert Ökonom Stefan Kipar von der BayernLB. Insgesamt werde es der deutschen Wirtschaft damit wohl im dritten Quartal schwer fallen, zum Wachstum zurückzukehren.
Zeichen stehen auf Rezession
Die Gefahr einer Rezession in Deutschland hat sich nach Prognose des gewerkschaftsnahen IMK-Instituts wegen der anhaltenden Schwäche der Industrie jüngst deutlich erhöht. Der entsprechende Indikator weise für den Zeitraum August bis Oktober ein Rezessionsrisiko von 43 Prozent auf, wie das Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) berechnete. Laut Bundesbankchef Jens Weidmann steckt Deutschland zwar in einer konjunkturellen Flaute. Dies sei jedoch kein Grund, in Panik zu verfallen, sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Dies sieht auch Ökonom Carsten Brzeski von der Bank ING so: "Die Details zeigen, dass der Rückgang des BIP im Frühjahr fast ausschließlich auf die schwachen Exporte zurückzuführen ist. Binnenwirtschaftlich hat praktisch nur der Bausektor enttäuscht." Dies sei aber eher Folge des ungewöhnlich starken ersten Quartals als ein Anzeichen für einen Abschwungs in einem Wirtschaftsbereich, der wahrscheinlich "der letzte verbliebene Boomsektor" in Deutschland sei.
rtr