"Offensichtlich konnte sich die deutsche Wirtschaft in einem schwierigen Umfeld behaupten und vor allem von einer starken Binnen-Nachfrage profitieren", sagte der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, am Donnerstag in Berlin. Deutschland legte damit in etwa doppelt so kräftig zu wie die gesamte Euro-Zone. Und der Staat nahm dank der guten Konjunktur das dritte Jahr in Folge mehr ein als er ausgab: Der Überschuss von 11,9 Milliarden Euro war der zweithöchste seit der Wiedervereinigung.

Die Bundesregierung erwartet nun im laufenden Jahr ein Wirtschaftswachstum in ähnlicher Höhe. Die bisherige Prognose von 1,3 Prozent dürfte auf 1,4 oder 1,5 Prozent angehoben werden, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von einem führenden Koalitionspolitiker. Die offizielle Prognose wird am 28. Januar veröffentlicht.

Garant für die robuste Konjunktur sind die Verbraucher. Rekordbeschäftigung, steigende Löhne und niedrige Zinsen kurbelten deren Konsum im abgelaufenen Jahr an: Diese Ausgaben legten um 1,1 Prozent zu. "Der Konsum war wichtigster Wachstumsmotor", so Egeler. Er dürfte es auch in diesem Jahr bleiben, da alle Experten mit einem weiteren Anstieg der Beschäftigung rechnen und eine milliardenschwere Entlastung durch fallende Benzinpreise erwarten. "Wenn es bei dieser Konstellation bleibt, wird 2015 besser als bisher erwartet", sagte der Chefvolkswirt der staatlichen Förderbank KfW, Jörg Zeuner.

Die Ausfuhren von Waren und Dienstleistungen wuchsen mit 3,7 Prozent etwas schneller als die Importe. "Die Exporte zeigen sich erstaunlich robust", sagte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben. Ein besseres Abschneiden verhinderten beispielsweise die Sanktionen gegen Russland im Zuge des Ukraine-Konflikts sowie die schwache Nachfrage aus vielen Euro-Ländern. Unternehmen investierten zudem mehr in Ausrüstungen wie Maschinen und Fahrzeuge sowie in Straßen und Gebäude.

Die Wirtschaft fordert, dass der Staat noch mehr Geld in die Infrastruktur stecken muss - von Straßen bis hin zu schnellen Internetverbindungen. Den Spielraum dazu hätte er, erzielten Bund, Länder, Kommunen und Sozialversicherung 2014 doch erneut schwarze Zahlen. "Seit der deutschen Vereinigung hat es nur im Jahr 2000 einen höheren Überschuss gegeben", sagte Statistikamt-Chef Egeler. "Damals jedoch aufgrund hoher einmaliger Erlöse aus dem Verkauf der UMTS-Mobilfunklizenzen." Deutschland besitze damit ein "Alleinstellungsmerkmal" innerhalb der Euro-Zone. Lediglich Luxemburg könne noch einen ausgeglichenen Haushalt vorweisen.

Grund für die positiven Zahlen sind vor allem die Rekordbeschäftigung und steigende Löhne. Das spülte höhere Steuern und Sozialbeiträge in die Staatskassen. Die gesamten Einnahmen erhöhten sich um 3,4 Prozent, während die Ausgaben nur um 2,8 Prozent zulegten. Die historisch niedrigen Zinsen sparten außerdem viele Milliarden an Kosten. Dadurch kam etwa der Bund erstmals seit 1969 ohne neue Schulden aus. Gemeinden und Sozialversicherungen schafften jeweils einen Überschuss. "Lediglich die Länder wiesen noch ein geringes Defizit aus", hieß es.

"Den Haushaltsüberschuss wird sich die Regierung an die Brust heften, aber zu viel Sparsamkeit kann auch schaden", sagte Analyst Holger Sandte von der Nordea-Bank. "Mehr öffentliche Investitionen und Impulse für die privaten Investitionen sind dringend nötig." Das Thema wird auch im anstehenden Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung im Mittelpunkt stehen. "Investieren für Deutschlands und Europas Zukunft" lautet der Arbeitstitel für den Bericht, zu dem Reuters ein internes Diskussionspapier vorlag. Der Wirtschaft wird darin insgesamt "eine gute Verfassung" bescheinigt. Es gelte aber, nun die privaten und öffentlichen Investitionen zu verstärken.

Reuters