Die Wahl galt als Richtungsentscheidung für die Union, die auch die Regierungsarbeit in der großen Koalition beeinflussen kann. Zuvor war Kanzlerin Merkel nach einem emotionalen Auftritt mit minuntenlangen stehenden Ovationen vom Parteivorsitz verabschiedet worden.

Die Wahl war auch international mit Spannung erwartet worden, weil mit dem Chefposten bei der größten deutschen Partei immer auch der Anspruch auf eine spätere Kanzlerkandidatur verbunden wird. Merkel will aber bis zum geplanten Ende der Legislaturperiode 2021 im Amt bleiben. Es sei ihre "Herzensangelegenheit", dafür zu sorgen, dass sich die CDU "unter gleichzeitiger Wahrung staatspolitischer Verantwortung" nach ihrer Amtszeit neu aufstellen könne, sagte Merkel. Sie appellierte zudem, dass die CDU geschlossen bleiben müsse. Merz forderte seine Anhänger unter den Delegierten auf, dass sie die neue Parteichefin unterstützen sollen. Der Wahl war ein wochenlanger Wahlkampf mit acht Regionalkonferenzen vorangegangen. Die CDU konnte in Umfragen zuletzt wieder deutlich zulegen.

Zunächst blieb unklar, wie weitere Personalentscheidungen aussehen. Kramp-Karrenbauer hatte angekündigt, dass sie die noch auf dem Parteitag ihren Vorschlag für den Posten des Generalsekretärs vorstellen wolle. Die 999 anwesenden Delegierten wählen am Nachmittag noch die komplette Parteispitze neu, also auch die Parteivizes, das Präsidium und den Bundesvorstand. Während Merz keine Kandidatur für einen Posten als Partei-Vize oder für das Präsidium ankündigte, will Gesundheitsminister Jens Spahn erneut für das Präsidium antreten. Kramp-Karrenbauer hatte bereits im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten. Spahn war als Drittplatzierter mit 15,72 Prozent nicht in die Stichwahl gekommen.

"DAS LETZTE EINHORN IN EUROPA"



Kramp-Karrenbauer betonte in ihrer Bewerbungsrede vor allem ihre 18-jährige Regierungserfahrung wies darauf hin, dass sie bereits Wahlen mit mehr als 40 Prozent gewonnen habe. Es sei einfach, scharfe Parolen gegen den politischen Gegner zu entwickeln - aber dies reiche nicht. Die CDU müsse eigene Positionen entwickeln und dürfe sich nicht von den Parteien der politischen Ränder treiben lassen. Entscheidend sei, dass der Staat bestehende Gesetz auch strikt umsetze. "Wir sind kein politischer Gemischtwarenladen", warnte sie. "Wir sind so etwas wie das letzte Einhorn in Europa - die letzte große existierende Volkspartei", sagte sie mit Blick auf den Niederlage der christdemokratischen Parteien in anderen EU-Staaten.

Sowohl Kramp-Karrenbauer als auch Merz forderten in ihren Reden eine Entbürokratisierung und Zurückhaltung des Staates etwa bei der wirtschaftlichen Regulierung. "Wenn wir Mut haben, dann lösen wir die Bremsen für die im Land, die etwas tun wollen", sagte die ehemalige saarländische Ministerpräsidentin. Sie erneuerte ihren Vorschlag aus einem Reuters-Interview, mit den Diesel-Bußgeldern gegen Autokonzerne VW und Audi einen Fonds saubere Luft zu finanzieren. Zudem sprach sie sich gegen eine Abschaffung des Werbeverbots beim Abtreibungsparagrafen 219 aus - dies ist eines der Streitthemen in der großen Koalition.

rtr