Richtig en vogue waren Wandelanleihen bislang nicht. Sie fristen ein Nischendasein und nur einige wenige Anleger beschäftigen sich mit dieser eigentlich genialen Anlageklasse. Diese Papiere, die eine Mischung aus Aktie und Anleihe sind, verhalten sich flexibel wie ein Cabriolet - auf Englisch ebenfalls Convertible genannt. Scheint die Sonne an den Märkten, partizipiert man an steigenden Kursen. Kommt schlechtes Wetter auf, schützt das Dach, also die Anleihe mit ihrer festen Verzinsung, vor größeren Überschwemmungen im Depot. Sollte also eine zweite Corona-Welle die Märkte aus dem Tritt bringen, sind sie das ideale Investment. Das haben sie in diesem Jahr schon unter Beweis gestellt.

"Wandelanleihen haben im Vergleich zu den meisten Anlageklassen im Jahr 2020 gut performt und damit im ersten Halbjahr sowohl Aktien als auch Unternehmensanleihen übertroffen. Ihre natürliche Asymmetrie schützt sie vor den schlimmsten Korrekturen an den Aktienmärkten", sagt Maxime Perrin, Client Portfolio Manager and Senior Analyst Convertible Bonds bei Lombard Odier Investment.

Warum das so ist? Steigen die Aktienkurse, steigt auch der Wert der Wandelanleihe. Fallen die Aktienkurse, reagieren Wandler jedoch eher wie normale Anleihen. Der sogenannte Bond Floor begrenzt die Abwärtsbewegung, wenn kein erhöhtes Kreditoder Ausfallrisiko des Emittenten vorliegt. Dieses asymmetrische Verhalten liegt an der Wandeloption, die jede Wandelanleihe beinhaltet. Sie entspricht einer Aktien-Call-Option. Damit reagiert jede Wandelanleihe auch auf Veränderungen der Marktvolatilität. Bei sehr volatilen Märkten ist ihr wert entsprechend hoch. Wichtiger ist jedoch, dass die Optionskomponente langfristig zu einer Verminderung der Volatilität von Wandelanleihefonds führt. Grund dafür ist die negative Korrelation von Aktienkursen und Marktvolatilität.

Daher besagt eine Faustregel: Wandelanleihen machen die Aufwärtsbewegung der unterliegenden Aktie zu rund zwei Dritteln mit, Abwärtsbewegungen hingegen nur zu einem Drittel. Aufgrund dieser Asymmetrie übertreffen Wandelanleihen langfristig oft sogar die Renditen von Aktien. Und dies bei geringerer Volatilität.

Laut den Experten von J.P. Morgan Asset Management hat die aktuelle Volatilität an den Märkten zu dramatisch reduzierten Bewertungen bei Wandelanleihen geführt, wie sie in der Regel nur in Zeiten von Marktverwerfungen zu beobachten sind. Diese technischen Verzerrungen und eine Wiederbelebung des Emissionsgeschehens an den Primärmärkten eröffnen interessante Möglichkeiten sowohl für ausgewogene als auch für einkommensorientierte Wandelanleihe-Strategien, die auf opportunistischer Basis investieren.

Derzeit haben die Experten von J.P. Morgan Asset Management doppelt so viele Convertibles, die unter ihrem Nennwert handeln, als noch zu Jahresbeginn identifiziert. Die Wandelanleihen würden in den Anleihekaufprogrammen der Zentralbanken nicht berücksichtigt und im Vergleich zum Hochzinssegment seien ganz andere Sektoren vorrangig vertreten, beispielsweise Technologie und Gesundheitswesen und nur wenig Energie.