Es geht mal wieder gehörig zur Sache an der Kryptowährungs-Front. So ist der Bitcoin-Kurs seit Montag vor einer Woche von 40.619 Dollar in der Spitze bis auf 29.338 Dollar gefallen. Beim Schreiben dieses Beitrags handelt Bitcoin bei 32.370 Dollar, so dass sich noch immer ein Minus von Prozent ergibt. Rasant bergab ging es zuletzt auch mit Ethereum. Die zweitschwerste Kryptowährung verbuchte bis zum gestrigen Dienstag binnen einer Woche in der Spitze ein herbes Minus von Prozent.
Zu sehen sind diese Preisbewegungen unter anderem vor dem Hintergrund eines rigorosen Regulierungskurses der weltweit zweitgrößten Volkswirtschaft China. Die Volksrepublik erschwerte zuletzt mit neuen Vorschriften die Produktion und den Handel. Wobei man in diesem Zusammenhang wissen muss, dass das Reich der Mitte mit dem Digital-Yuan an einer eigenen Kryptowährung arbeitet, zu der die Politik möglicherweise keine Konkurrenz haben will.
Der Kryptomarkt steht vor hohen Hürden
Das heißt, die Kryptowährungen sehen sieht sich mal wieder frontal mit jenen Herausforderungen konfrontiert, denen dieser noch immer junge Markt generell gegenübersteht. Wie hoch die Hürden aus seiner Sicht wirklich sind, damit hat sich Peter Berezin, globaler Chefstratege bei BCA Research in einer aktuellen Studie beschäftigt.
Er spricht in dem Bericht von einem so genannten Krypto-Unmöglichkeits-Theorem. Wie es darin weiter heißt, dürften die jüngsten Probleme nur ein Vorgeschmack dessen sein, was noch kommen wird. Denn Berezin ist davon überzeugt, dass auf die Kryptomärkte noch strengere Regulierungen zukommen, wie die jüngsten Ankündigungen in dieser Hinsicht nicht nur in China sondern auch von Seiten des US-Finanzministerium bereits andeuteten.
Bitcoin & Co. stehen außerdem bekanntlich in der Kritik wegen dem enormen Energieverbrauch, der mit dem Mining verbunden ist. Optimisten beteuern zwar, dass sich dafür eine Lösung finden lässt, doch laut Berezin ist die Hoffnung, dass Kryptowährungen jemals wirklich "grün" werden können, ein Wunschdenken. Denn aufgrund ihrer dezentralen Natur erforderten Kryptowährungen einen realen Ressourcenaufwand, um sichere Transaktionen zu ermöglichen.
Selbst wenn man annehme, dass das gesamte Bitcoin-Mining kostenlos mit Solarenergie funktioniert, würde dies zwar die Mining-Kosten reduzieren, aber auch einen Anreiz für mehr Mining schaffen. Der Bitcoin-Algorithmus funktioniere so, dass die Schwierigkeit, Coins zu schürfen, mit der Gesamt-Rechenleistung aller Miner steigt. In diesem rechnerischen Rattenrennen müssten die Miner mehr Server mit immer leistungsfähigeren Spezifikationen kaufen, um mit ihren Konkurrenten mithalten zu können. Und Halbleiter wachsen nicht auf Bäumen, so Berezin. Es brauche vielmehr echte Ressourcen, um sie zu produzieren.
Dauerhaft höhere Renditen als bei Aktien kaum realistisch
Zusätzlich zu ihren technischen Einschränkungen sind Kryptowährungen nach Einschätzung von Berezin mit einer fundamentalen Einschränkung konfrontiert, die er das "Krypto-Unmöglichkeitstheorem" nennt. Dieses Unmöglichkeits-Dilemma besagt, dass Kryptowährungen nur dann lebensfähig sind, wenn sie dauerhaft eine höhere Rendite als Aktien abwerfen.
Für Berezin steht aber mit ziemlicher Sicherheit fest, dass Kryptos diese Vorgabe nicht erfüllen können. Schließlich setze dies voraus, dass die Kryptowährungsbestände auf ewig schneller steigen als das Einkommen mit Aktien. Im Gegensatz zu Aktien, die eine Dividende zahlten, böten Kryptowährungen ihren Inhabern kein Einkommen. Selbst wenn Kryptos also genauso riskant wären wie Aktien (als Wertspeicher schnitten Kryptos im Vorjahr um Zuge der Coronavirus-Baisse schlecht ab), müsste der Preis von Kryptowährungen immer noch stärker steigen als der Preis von Aktien, um sicherzustellen, dass die Anleger zwischen den beiden Anlageklassen indifferent bleiben.
Das Problem für Krypto-Inhaber ist laut Berezin, dass dies mathematisch nicht möglich ist. Das verweist der Stratege darauf, dass die Aktienrenditen im Allgemeinen das nominale BIP-Wachstum übertroffen haben (siehe Tabelle). Wenn also Kryptowährungen höhere Renditen als Aktien bieten müssen und wenn die Rendite von Aktien mindestens dem nominalen BIP-Wachstum entspreche, müsste die Marktkapitalisierung von Kryptowährungen am Ende nicht nur schneller steigen als die von Aktien, sondern auch schneller als das gesamte Volkseinkommen. In einer digitalen Welt, in der Menschen immer weniger Geld benötigen, um Transaktionen zu ermöglichen, gebe es aber keinen guten Grund, dies zu erwarten.
Kryptos sind für Berezin wie Haie. Sie müssen sich vorwärts bewegen oder sie sinken. Damals, als sie den meisten Anlegern noch unbekannt gewesen seien, habe man ein spekulatives Argument für ihren Kauf vorbringen können. Dieses Argument sei jedoch Anfang dieses Jahres verschwunden, als der Gesamtwert der Kryptowährungen kurzzeitig den gesamten Bestand an umlaufenden US-Dollar überstiegen habe.
Begrenzte allgemeine Folgen eines Krypto-Bärenmarktes
Allgemein betrachtet könnte es laut Berezin auf kurze Sicht sogar passieren, dass Kurseinbrüche am Kryptomarkt andere spekulative Vermögenswerte wie Tech-Aktien nach unten ziehen. Langfristig geht er aber davon aus, dass ein nachlassendes Interesse an Kryptowährungen dem Aktienmarkt zugutekommt, da sich die Aufmerksamkeit der Anleger dann wieder stärker auf Aktien konzentriert.
Für die Gesamtwirtschaft dürften die Auswirkungen begrenzt sein. Das Bankensystem habe nur ein sehr geringes Engagement in Kryptowährungen. Es werde einen bescheidenen negativen Vermögenseffekt durch fallende Kryptopreise geben. Allerdings dürfte die Unfähigkeit einiger Krypto-Händlern, weitere Lamborghinis zu kaufen, vor dem Hintergrund eines starken, durch Stimulierungsmaßnahmen angeheizten Konsumwachstums in den USA und einer Reihe anderer Volkswirtschaften kaum eine Rolle spielen. Folglich rät Berezin Anleger dazu, Aktien weiterhin über zu gewichten.