Der Strafzins, der unseren Wohlstand vernichtet, hat es nun auch als Headline auf die Titelseite der "Bild"-Zeitung geschafft. Meistens ist damit zwar der Höhepunkt eines Trends erreicht. Allerdings dürfte der Strafzins, im Bankensprech Verwahrentgelt genannt, noch länger nachhallen. Denn selbst wer diesen vermeiden kann, ist mit Nullzinsen bei einer Inflationsrate von deutlich über zwei Prozent auf der Vermögensverliererseite. Diese schlechten Aussichten sind für den Bitcoin gut. Denn der - im Gegensatz zu Steuererhöhungen - klammheimliche Vermögensverlust wird immer mehr Anlegern bewusst und führt verstärkt dazu, dass sie über Alternativen nachdenken.
Der nicht inflationierbare Bitcoin bietet sich trotz der enormen Kursschwankungen an, um zumindest einen kleinen Teil des verfügbaren Anlagevermögens zu investieren. Machen Anleger das über Sparpläne, vermeiden sie das Risiko, zum Höchstkurs einzusteigen. Langfristig wird der Bitcoin-Preis weiter steigen. Kurzfristig bleiben die Prognosen unsicher. Aktuell mehren sich aber die Zeichen für eine Erholung. Ein Indikator ist die wiedergewonnene Stärke vieler Altcoins.
Ethereum bleibt Favorit
Mike Novogratz gilt als Starinvestor. Der ehemalige Hedgefonds-Manager ist jetzt CEO von Galaxy Investment Partners, die sich auf Investments in Kryptowährungen spezialisiert haben. In einem Bloomberg-Interview äußerte er sich sehr optimistisch zu den Aussichten von Ethereum. Er sieht großes Potenzial aufgrund der vielen Projekte, die auf Basis der Ethereum-Blockchain gebaut werden können. Allerdings gibt es auch immer stärkere Konkurrenz von anderen Smart-Contract-Plattformen wie Solana. Trotzdem kann sich Novogratz sogar ein Flippening von Ethereum und Bitcoin vorstellen. Dies wäre der Fall, wenn Ethereum nach Marktkapitalisierung wertvoller als der Bitcoin werden sollte. Derzeit liegt der Betrag zwar erst bei etwas mehr als einem Drittel. Ein Blick auf den Kursverlauf zeigt aber, dass sich Ethereum gegenüber dem Bitcoin bis Mai in der Spitze bereits verdreifacht hat.
Nimmt Ethereum seine Outperformance wieder auf, ist ein Flippening nicht völlig unwahrscheinlich. Zumal die Umstellung auf Ethereum 2.0 in vollem Gange ist und inzwischen auch ein Knappheitsfaktor eingeführt wird. Durch die gerade laufende London Hard Fork wird ein Teil der Transaktionsgebühren, die in Ether gezahlt werden, künftig verbrannt. Dieses Burning reduziert also die Gesamtzahl aller Coins.
Ethereum, das im Gegensatz zum Bitcoin keine Obergrenze bei der Zahl der möglichen Coins hat, könnte damit auch das Argument der Inflationierung entkräften. Zumal die handelbare Menge wegen der Umstellung des Konsensmechanismus von Proof of Work auf Proof of Stake ebenfalls reduziert wird. Denn dabei werden die Miner durch Validatoren ersetzt. Jeder Validator, der Transaktionen bestätigen kann, muss dann mindestens 32 Ethereum sperren. Dadurch sind bereits rund sechs Millionen Ether von den existierenden 116 Millionen dem Handel entzogen. Die zunehmende Knappheit könnte ein Preistreiber werden.