Der Einlagensatz der EZB liegt derzeit bei minus 0,5 Prozent und bereits seit 2014 unter Null, weil die Zentralbank damit gegen die lange Zeit sehr niedrige Inflation ankämpfen wollte. Dies bedeutet, dass die Banken Gebühren für das Parken von Bargeld bei der Zentralbank zahlen müssen, was von den Geldhäusern als "Strafzinsen" kritisiert wird, die teilweise auch an Sparer weitergegeben wurden.
Lagardes Erklärung schob den Euro-Kurs: Die Gemeinschaftswährung kletterte in der Spitze um ein Prozent auf ein Vier-Wochen-Hoch von 1,0664 Dollar. Höhere Zinsen machen eine Währung attraktiver für Anleger.
"Wenn sich die Inflation mittelfristig bei zwei Prozent stabilisiert, wird eine schrittweise weitere Normalisierung der Zinssätze in Richtung des neutralen Zinssatzes angemessen sein", fügte Lagarde hinzu und öffnete sogar die Tür für eine weitere Anhebung der Zinssätze, "wenn die Wirtschaft des Euro-Raums überhitzt". Tempo und Umfang könnten aber nicht von vornherein festgelegt werden, da die Wirtschaft mit der Corona-Welle in China und ökonomischen Folge des Ukraine-Krieges konfrontiert sei. "Dies schafft mehr Unsicherheit darüber, wie schnell der derzeitige Preisdruck nachlässt, wie sich die Überkapazitäten entwickeln und inwieweit die Inflationserwartungen weiterhin auf unserem Zielniveau verankert bleiben", schrieb Lagarde.
Aktuell liegt die Inflationsrate in der Währungsunion mit 7,4 Prozent auf einem Rekordhoch, da die Energiepreise nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine sprunghaft gestiegen sind, was auch viele andere Waren wie Nahrungsmittel teurer macht. Dabei strebt die EZB eigentlich einen Wert von zwei Prozent an.
An den Finanzmärkten wird allgemein für den Juli mit einer Erhöhung des EZB-Leitzinses gerechnet, der seit Jahren bei null Prozent liegt. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel hatte jüngst gesagt, nach einer ersten Zinsanhebung im Euro-Raum könnten aus seiner Sicht schnell weitere Erhöhungen folgen. Letztmalig hatte die EZB im Jahr 2011 die Zinsen angehoben.
rtr