"Das neue Instrument muss wirksam, gleichzeitig aber auch verhältnismäßig und mit ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen versehen sein, damit die Mitgliedstaaten weiterhin zu einer soliden Finanzpolitik angehalten werden", sagte Lagarde am Dienstag im portugiesischen Sintra auf dem jährlichen Forum der EZB. Insidern zufolge werden die Auflagen aber nicht allzu hoch sein. So sollen sich die Länder an die wirtschaftlichen Empfehlungen der EU-Kommission halten - was sie allerdings ohnehin tun müssen, um Finanzmittel von der Europäischen Union zu erhalten.

Die Renditen für Staatsanleihen von Italien und anderen stark verschuldeten Länder sind in den vergangenen Monaten in die Höhe geschnellt. Grund dafür ist, dass die EZB ihre Wertpapierkäufe auslaufen lässt und im Juli erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt ihren Leitzins anheben will. Zudem verlangen Investoren von solchen Ländern höhere Risikoaufschläge für ihr Geld. Das zieht Milliardenkosten für diese Staaten nach sich. Diese Entwicklung fällt in eine Zeit, in der im Kampf gegen eine drohende Rezession sowie zur Entlastung von Unternehmen und Verbrauchern von den hohen Energiepreisen viel Geld gebraucht wird. Deshalb plant die EZB eine Renditebremse, an deren konkreter Ausgestaltung derzeit gearbeitet wird.

GEBEN UND NEHMEN


Insidern zufolge könnte die EZB im Gegenzug wieder Geld aus dem Bankensystem abziehen. Demnach könnte ein neues Anleihekaufprogramm mit Auktionen verknüpft werden, bei denen Banken Geld bei der EZB zu besseren Konditionen als dem üblichen Einlagenzinssatz parken können. Dies würde es der EZB ermöglichen, die Anleihekäufe im Rahmen des neuen Programms zu "sterilisieren", sagten zwei mit den Plänen vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Vor einem Jahrzehnt hatte sie schon einmal solche wöchentlichen Maßnahmen durchgeführt, um Liquidität abzuschöpfen. Eine Sprecherin der EZB lehnte eine Stellungnahme ab.

EZB-Ratsmitglied Pierre Wunsch sprach sich für eine großzügige Unterstützung aus. "Ich würde sogar sagen, dass es keine Grenzen geben sollte", sagte der belgische Notenbankchef zu Reuters. "Es wird natürlich gesetzliche Grenzen geben." Aber konzeptionell sollte es keine Limits geben, wenn es zu einer eindeutig ungerechtfertigten Fragmentierung der Renditen in der Währungsunion komme.

Lagarde bekräftige zugleich die Absicht, den Leitzins angesichts der starken Inflation schrittweise anzuheben. Die EZB halte sich aber die Option offen, bei einer Verschlechterung der mittelfristigen Inflationsaussichten "entschlossen zu handeln". Die EZB hat bislang signalisiert, ihren Leitzins im Juli erstmals seit 2011 anzuheben - und zwar um 0,25 Prozentpunkte. Für September deutete sie an, nachzulegen und dann um einen halben Prozentpunkt hochzugehen. Grund ist die starke Inflation. Die Teuerungsrate liegt aktuell auf dem Rekordwert von 8,1 Prozent und ist damit viermal so hoch wie von der EZB angestrebt.

Das große Risiko besteht darin, dass sich die hohe Inflation verfestige, sagte Wunsch. "Wenn sich die Inflation nach oben bewegt, wird es extrem teuer, sie wieder auf das Zielniveau zu bringen", sagte er. "Unser Mandat ist die Preisstabilität. Und wenn in einem Szenario die Gefahr besteht, dass sie außer Kontrolle gerät, muss man diesem Szenario mehr Gewicht geben."

rtr