Aber nun konnte Ziemiak sogar darauf verweisen, dass die Christdemokraten seit dem NRW-Wahlsieg 2017 keinen so großen Stimmenzuwachs mehr bei einer Landtagswahl eingefahren hätten. "Das ist Rückenwind für die Bundestagswahl", jubelte Ziemiak gerade angesichts mittelmäßiger Umfragewerte für die Union im Bund. CDU-Chef und Kanzlerkandidat Armin Laschet wiederum muss nicht fürchten, dass nun erneut eine Debatte über seine Person ausbricht, weil die erste Verteidigung eines christdemokratischen Landeschef-Postens in seiner Ägide als Parteichef geglückt ist.
Tatsächlich schnitt die CDU bei der Wahl in dem ostdeutschen Bundesland am Ende deutlich besser ab als erwartet: Ministerpräsident Reiner Haseloff hat nun sogar die Qual der Wahl zwischen verschiedenen Regierungsbündnissen mit SPD, Grünen und FDP. Aber noch am Abend begann der parteipolitische Schlagabtausch, wer dafür verantwortlich war. SPD-Chefin Saskia Esken etwa verwies darauf, dass vor allem Haseloff gewonnen habe - und unterstrich den Regionalcharakter der Wahl. "Das ist Rückenwind für die Bundestagswahl", betonte dagegen der CDU-Generalsekretär. Den betonten auch Grüne und FDP, die sich mit Stimmenzuwächsen ebenfalls als Wahlsieger sehen. Zwar erreichten beide am Ende nicht die guten Umfragewerte der vergangenen Wochen. Aber sowohl die Grünen- als auch die FDP-Spitze sehen ihre Parteien nun im Aufwind für die Bundestagswahl.
Dagegen verlor die SPD gegenüber ihrem ohnehin geringen Niveau von 2016 nochmals. Immerhin blieb den Sozialdemokraten die Demütigung erspart, von den Grünen auch in Sachsen-Anhalt überholt zu werden. Allerdings sind die Sozialdemokraten nun nach Sachsen und Thüringen im dritten ostdeutschen Bundesland nur noch einstellig.
RÜCKHALT FÜR DEN MITTE-KURS DER UNION
Dass die CDU den Wahlsieg vor allem Haseloff zu verdanken hat, zeigen die Zahlen der Forschungsgruppe Wahlen: Danach wollten 63 Prozent der Befragten, dass der CDU-Politiker Ministerpräsident bleibt. 81 Prozent sagten, er mache seine Sache eher gut. Aber Haseloff unterstrich wie Ziemiak, dass es eben doch ein Signal über die Landesgrenzen hinaus gebe: Das Erfolgsrezept der Union sei ein klarer Mitte-Kurs und Geschlossenheit gewesen, betonten beide übereinstimmend. Immerhin traten im Wahlkampf im Osten sowohl CDU-Chef Laschet, der CSU-Vorsitzende Markus Söder und der CDU-Politiker Friedrich Merz auf, zwischen denen es zuvor Dissonanzen gegeben hatte. Dieses Zusammenspiel erhofft man sich nun auch in der Bundestagswahl.
Als wichtig wird in der CDU-Spitze zudem gesehen, dass das Wahlergebnis ein deutliches Signal der Abgrenzung der Partei nach rechts lieferte: Laut einer Umfrage von Infratest dimap lehnten 84 Prozent der befragten CDU-Wähler eine Koalition mit der AfD ab. Zuvor hatten bereits Laschet, Haseloff und CDU-Landeschef Sven Schulze betont, dass es mit ihnen keinerlei Zusammenarbeit mit der Rechts-Partei geben werde, was der CDU von Grünen oder SPD aber immer wieder unterstellt wurde. Doch der interne Machtkampf der CDU-Sachsen-Anhalt um die Abgrenzung zur AfD dürfte nun entschieden sein.
NICHT ALLE PROBLEME DER CDU GELÖST
Zwar beschwor Unions-Fraktionschef Ralph Brinkhaus am Abend im Überschwang den Vergleich zu 2017 und den "Saarland-Effekt" - damals hatte der Sieg der damaligen Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer die Stimmungstrendwende im Superwahljahr zugunsten der Union gebracht. 2021 werde Sachsen-Anhalt für Aufwind sorgen, hofft der CDU-Politiker. Aber ob die eher mäßigen Umfragewerte im Bund wirklich steigen und Kanzlerkandidat Laschet nun auf uneingeschränkte Unterstützung zählen kann, gilt auch in der Union als offen. Die CSU-Spitzen machten jedenfalls am Sonntagabend mit vergiftetem Lob deutlich, dass sie nicht plötzlich Laschet-Fans geworden sind. Die Wahl habe eindeutig Haseloff gewonnen, unterstrichen sowohl CSU-Chef Söder als auch sein Generalsekretär Markus Blume.
Haseloff, der in der Entscheidung über die Kanzlerkandidatur als Söder-Unterstützer galt, hatte für Laschet übrigens schon im Wahlkampf eine kleine Spitze parat gehabt: "Du bist doch Helmut Kohl 2.0", scherzte er gegenüber dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten - der genau wusste, dass Haseloff damit eine kritische Äußerung Söders an Laschet aufgriff.
rtr