Konkret ging es dabei um Absicherungsgeschäfte, die in erster Linie abgeschlossen wurden, um die von L & S emittierten Wikifolio-Zertifikate gegen Ausfallrisiken zu schützen. Damit ist zwar gewährleistet, dass Anleger im Insolvenzfall etwa 90 Prozent ihrer in Wikifolios investierten Gelder zurückbekommen. Aber um den Preis, dass die Steuern den Gewinn des Düsseldorfer Wertpapierhandelshauses 2018 und 2019 fast komplett aufzehrten.
Erschwerend kommt hinzu, dass die in den Wikifolios enthaltenen Wertpapiere als verpfändet gelten und daher als Verbindlichkeiten ausgewiesen werden müssen. In der Bilanz türmt sich deshalb ein Schuldenberg von 458 Millionen Euro. Viel Holz für ein Unternehmen mit nicht einmal 60 Mitarbeitern, einem Börsenwert von rund 80 Millionen Euro und einer Eigenkapitalquote von 5,4 Prozent.
Doch das nun zu Ende gehende zweite Quartal könnte den Befreiungsschlag bringen. Am 26. Juni kam vom Finanzamt die erlösende Nachricht in Form einer "verbindlichen Auskunft": Gewinne und Verluste aus den Sicherungsgeschäften dürfen fortan verrechnet werden. Der Passus nach Paragraf 8b, Absatz 7 KStG, der das gesamte Geschäftsmodell gefährdet hatte, ist damit vom Tisch.
Nachdem das erste Quartal trotz der Steuerungerechtigkeit bereits hochprofitabel war, werden nun Flüsterschätzungen herumgereicht, wonach im zweiten Jahresviertel ein Ergebnis von etwa 3,20 Euro je Aktie herauskommen könnte.
Dazu muss man allerdings wissen, dass die Rheinländer selbst nicht unbedingt tiefstapeln. In einer Pressemitteilung vom 1. April (!) stellte Lang & Schwarz fürs erste Quartal einen Gewinn von 2,01 Euro pro Anteilschein in Aussicht. Tatsächlich kamen am Ende 1,81 Euro heraus. Doch selbst, wenn sich nur dieser Gewinn in den kommenden drei Quartalen wiederholen ließe, stünde am Jahresende ein Ergebnis je Aktie von 7,24 Euro. Das liegt weit über den Schätzungen von BÖRSE ONLINE (4,50 Euro) und entspricht einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 3,5. Möglicherweise wird die Redaktion die Schätzung nach den Halbjahreszahlen am 28. August anheben müssen.
Operativ läuft es rund. Durch den aus den USA herüberschwappenden Trend zu Gratisbrokern, die den Börsenhandel per App kinderleicht machen, boomt der Handel mit Aktien, Zertifikaten und Optionsscheinen. Alle Orders des rasant wachsenden Preisbrechers Trade Republic werden exklusiv über die Handelsplattform von Lang & Schwarz abgewickelt.