Ausgerechnet Klopapier. Das Standardprodukt mit minimalen Margen für den Handel, wenig wert, aber viel Platz verbrauchend, wird normalerweise bei Lieferungen anderer Waren an den Einzelhandel einfach dazugepackt, wenn noch Platz im Lkw ist. Doch der unerklärliche Run auf das Hygienepapier seit Ausbruch der Corona-Pandemie - die Deutschen kauften auf einmal mehr als das Doppelte des normalen Verbrauchs - stellte Lieferanten und Verkäufer vor neue logistische Herausforderungen: Erst waren ab Mitte März die Klopapierregale leer, seit Mitte April verstopfen die Rollen nun Regale und Lager in den Märkten.

Gewinner auch solch abstruser Entwicklungen sind die Betreiber und Vermieter von Logistikimmobilien. Der Einzelhandel ist aktuell von einer geringeren Konsumnachfrage und der Schließung von Läden betroffen. Die Ware bleibt in den Logistikzentren oder muss sogar dorthin zurückgebracht werden. Entsprechend hoch ist die derzeitige Auslastung der Lagerflächen in diesem Segment. Im Lebensmitteleinzelhandel dagegen ist die Konsumnachfrage aktuell sehr hoch. Es herrscht ein reger Betrieb in den Lagern, um schnellen Nachschub in den Filialen zu ermöglichen. Zusätzlich werden kurzfristig anmietbare Logistikflächen gesucht. Gleichzeitig profitiert der Internethandel von der aktuellen Lage besonders, da vermehrt Onlinebestellungen getätigt werden. Doch diese müssen ebenfalls in Logistikzentren kommissioniert und von dort ausgeliefert werden.

Lieferketten überdenken

Auch die Industrie wird vermehrt Lagerflächen und die Dienste von Logistikzentren nachfragen. Vor Ausbruch der Pandemie war gerade in Deutschland die Just-in-time-Produktion das Nonplusultra. Eigene Lager wurden so weit wie möglich abgebaut, Lkw oder Zug wurden zum rollenden Lager zwischen Zulieferern und Verarbeitern, da Bestände teuer sind. Doch in diesen Lieferketten waren kaum noch Sicherheitspuffer vorhanden. Nun erkennen etliche Branchen, dass sie ihre Supply Chain krisenfester aufstellen müssen. Platz für eigene Lager ist aber nicht vorhanden oder nur schwer schnell zu schaffen. Um flexibel zu bleiben, ist die Anmietung oder Vergabe an Dienstleister ohnehin günstiger.

Und auch das Zurückholen von Produktion aus anderen Teilen der Erde wird nicht ohne neue Kapazitäten in der Lagerbranche stattfinden können. Davon dürften Unternehmen wie die weltweit agierenden Lagerhauskonzerne Prologis und Goodman oder die europaweit tätige Bremer Lagerhaus-Gesellschaft (BLG) nicht nur kurz-, sondern auch langfristig profitieren. An der Börse hatten die Papiere der Branche lange ein Mauerblümchendasein gefristet. Die Geschäftsidee klang einfach zu langweilig und altbacken: Logistikhallen und -flächen vermieten. Doch weil der Dreh- und Angelpunkt des Internethandels wie auch der modernen Industrieproduktion Lagerhäuser sind, stiegen die Gewinne der Betreiber seit Jahren kontinuierlich - und fast still und heimlich auch ihre Aktienkurse. So hat etwa der Kurs des Goodman Property Trust, der in Neuseeland, aber auch Osteuropa Logistikimmobilien betreibt, in den vergangenen drei Jahren um rund 75 Prozent zugelegt - bis weltweit die Kurse wegen Corona stürzten.

Ähnlich erging es anderen börsennotierten Lagerhausbetreibern. Allerdings holen die Kurse der Branche wieder deutlich auf. Trotzdem bietet sich auf dem aktuellen Niveau bei vielen der Logistikaktien noch eine gute Einstiegschance. Denn nach der Corona-bedingten weltweiten Rezession dürfte die Nachfrage bei Logistikimmobilien und -betreibern deutlich steigen.

Allerdings sehen sich die Betreiber der Lagerhallen - zumindest beim Ausbau des Geschäfts in Deutschland - einer sogenannten Renditekompression ausgesetzt: Weil hierzulande die Grundstückspreise in den Ballungsräumen stark gestiegen sind, die Mietpreise aber nicht entsprechend mitgezogen haben, bleibt unterm Strich weniger in der Kasse. Dafür steigen die Immobilienwerte. Auch regional und gebäudeausstattungsbedingt lassen sich große Unterschiede feststellen. "Vor allem für Kleinflächen bis circa 1000 Quadratmeter in den urbanen Zentren sowie bei der Last-Mile-Logistik, die als letztes Glied in der Zustellkette zum Endkunden dienen, haben wir für 2019 und bis ins erste Quartal 2020 kräftig steigende Mieten beobachten können", erläutert Jan Stemshorn vom Kölner Immobilienberater Savills.

Wer Klumpenrisiken vermeiden will, sollte auf international engagierte Betreiber setzen. Der US-Konzern Prologis etwa verfügt über fast 90 Millionen Quadratmeter in 19 Ländern und verwaltet ein Portfolio im Wert von 118 Milliarden US-Dollar. Fonds oder Zertifikate auf die Branche gibt es leider nicht, denn unter den börsennotierten Lageranbietern finden sich auch Unternehmen wie Patrizia oder Deutsche Industrie REIT, die etwa auch Wohn- und Bürogebäude betreuen.

Bodo Hollung, Chef der auf die Branche spezialisierten LIP Invest, ist überzeugt: "Die Logistikimmobilienbranche wird nach der Krise noch stärkere Aufmerksamkeit erfahren."