In einer Umfrage des Senders BFM in der Nacht zum Donnerstag fanden 59 Prozent der Zuschauer Macron überzeugender. Zugleich kam sein Auftritt laut dem Institut Elabe aber bei der Hälfte der Franzosen als arrogant an, während Le Pen volksnäher als der Macron wirkte. Laut Demoskopen kann Macron bei der Stichwahl am Sonntag mit seiner Wiederwahl rechnen: Ihm werden bis zu 56 Prozent der Stimmen vorhergesagt. Damit läuft es auf ein weit weniger enges Rennen hinaus, als vor der ersten Wahlrunde angenommen.

Eine Wahl Le Pens zur französischen Präsidentin würde Europa jedoch nach Ansicht des Grünen-Politikers Anton Hofreiter nachhaltig verändern und die Demokratie bedrohen. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses im Bundestag sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Sie ist de facto abhängig von Putin - und der will Demokratie und Freiheit in Europa zerstören", fügte er mit Verweis auf den russischen Präsidenten hinzu.

In dem TV-Duell warf auch Macron Le Pen mit Blick auf einen früheren Kredit einer russischen Bank an ihre Partei vor, von Russlands Staatschef Wladimir Putin abhängig zu sein. Sie erwiderte, ihre Unabhängigkeit sei durch den Kredit nicht beeinträchtigt. Zugleich sprach sie sich gegen ein Importverbot für russisches Gas aus, das aus ihrer Sicht wegen verheerender wirtschaftlichen Folgen "Harakiri" bedeuten würde.

SORGE UM DEUTSCH-FRANZÖSISCHEN MOTOR


Le Pen präsentierte sich zugleich als Anwältin der Verbraucher, die deren Kaufkraft steigern will. Macron warf der für eine kräftige Mehrwertsteuersenkung auf Energie eintretenden Konkurrentin vor, ihre Vorschläge seien teilweise wirklichkeitsfremd. Dies gelte auch für Lohnsteigerungen, die sie im Falle ihrer Präsidentschaft erreichen wolle.

Le Pen zeigte sich in der Fernsehdebatte besser vorbereitet als 2017, als sie nach Ansicht vieler Beobachter beim damaligen TV-Duell gegen Macron schlechter abschnitt. Sie erlitt bei der Präsidentenwahl damals eine krachende Niederlage gegen Macron - der 66,1 Prozent der Stimmen erhielt. Anders als seinerzeit zog sie nun nicht mehr mit der Forderung nach einem Ausstieg aus der Euro-Zone in den Wahlkampf. Die EU soll aber nach ihrer Vorstellung durch ein "Europa der Nationen" ersetzt werden.

Macron warf seiner rechten Rivalin vor, insgeheim strebe sie weiter einen Austritt aus dem Euro an: "Heute wolle sie zwar weiter heraus, aber sie sagen es nicht mehr." Der Pro-Europäer betonte zugleich, er setze auf die deutsch-französische Achse. Le Pen erwiderte, sie habe im Europaparlament beobachtet, wie "die Deutschen die Interessen der Deutschen" verteidigt hätten. Sie wolle die EU zwar verändern, aber nicht aus ihr austreten.

Die Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, sagte im Deutschlandfunk, bei einem Sieg Le Pens werde man ein Frankreich erleben, das den gemeinsamen deutsch-französischen Motor "ausgehen" ließe. Zwar rechne sie damit, dass Amtsinhaber Macron gewinnen werde, erklärte die SPD-Politikerin. Andernfalls aber würden Kräfte gestärkt, die eine Schwächung der EU wollten. Dies sieht auch die Chefin der Berliner Hertie School, Cornelia Woll, so: "Vor den Wahlen in Frankreich hält ganz Europa die Luft an und hofft, am 24. April wieder aufatmen zu können."

rtr