Damals wie heute waren Energiekosten der Hauptpreistreiber. Politiker und Ökonomen setzen nun auf Entspannung im Juni durch Tankrabatte und die Neun-Euro-Bahntickets. Das soll Verbraucher entlasten und soziale Unruhen vermeiden. Das Gegenteil könnte eintreten.

Experten wie ZEW-Volkswirt Friedrich Heinemann (siehe Interview auf Seite 9) sagen klar, was sie davon halten: nämlich gar nichts. Im Vorfeld wurden schon Warnungen laut, der Sprit könne knapp werden. Auch wenn das in der Nacht zum Dienstag beschlossene Ölembargo gegen Russland vorerst nur den Lieferstopp auf dem Seeweg betrifft - Pipelines werden nicht abgedreht -, sinkt das Angebot bei gleichzeitig steigender Nachfrage. Hoffen wir, dass es an den Zapfsäulen nicht zu Verteilungskämpfen kommt wie in den "Mad Max"-Filmen. In der düsteren Zukunftsvision aus den 1980er-Jahren war ein Menschenleben weniger wert als ein voller Benzinkanister. Auch wenn wir davon noch ein gutes Stück entfernt sind: Die Szenen, die sich an Pfingsten in Nahverkehrszügen abspielen werden, will sich niemand ernsthaft ausmalen.

Einen autofreien Sonntag wie während der Ölkrise vor knapp 50 Jahren hat bislang kaum jemand zu fordern gewagt. Auch ein Tempolimit auf Autobahnen steht derzeit nicht auf der Agenda der Bundesregierung - obwohl solche Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen vielleicht sogar dem Zeitgeist entsprächen. Doch auch ohne politischen Druck werden wohl weite Teile der Bevölkerung auf den einen oder anderen Kurztrip in den Pfingstferien verzichten müssen: auf der Straße aus Mangel an Treibstoff, auf der Schiene aus Platzmangel im Zug. Oder ganz pragmatisch, weil das Geld für Lebensmittel benötigt wird. Deren Preise sind seit Mai 2021 um 11,1 Prozent gestiegen, was tiefe Löcher in die Haushaltskassen reißt. Die im Jahresvergleich um durchschnittlich etwa vier Prozent gestiegenen Löhne und Gehälter reichen jedenfalls nicht aus, um den Preisschock am Gemüseregal zu kompensieren.

In unserer Titelgeschichte ab Seite 10 zeigen wir Wege auf, wie Sie sich als Anleger auf die Situation einstellen können: durch Investments in Unternehmen, die Nahrungsmittel oder die dafür benötigten Rohstoffe und Maschinen produzieren. Da die Redaktion davon ausgeht, dass sich die Preisspirale längerfristig weiterdrehen wird, haben wir auch einen eigenen Index kreiert, der die wichtigsten Unternehmen der Branche enthält und über ein neues Zertifikat investierbar ist. Denn spätestens jetzt sollte klar sein, dass die Inflation kein vorübergehender Spuk ist.