Zuletzt gab es eher negative Schlagzeilen aus Kuala Lumpur: Gut eine Milliarde Dollar sollen aus einem Staatsfonds Malaysias abgezweigt worden sein. In die Affäre verwickelt ist anscheinend der Stiefsohn von Premierminister Najib Razak. Ausgerechnet. Das wirft kein gutes Licht auf das Schwellenland. Gerade internationale Großanleger werden das ungern vernehmen - man hat sich 2015 ja schon zurückgehalten mit Investitionen.

Aber vielleicht darf man den Skandal auch nicht überbewerten. Zum einen ist die Korruption in Malaysia alles in allem weit weniger ein Problem als in anderen südostasiatischen Ländern. Und zum anderen waren die zurückliegenden Jahre für Schwellenländer insgesamt eine große Herausforderung: Allerorten hat sich das Wirtschaftswachstum aus zyklischen Gründen verlangsamt. Dazu kam es in dem einen oder anderen Land zu ökonomischen oder politischen Krisen. Und schon fürchtete man sich an den Kapitalmärkten vor einer allgemeinen, einer systemischen Schwellenländerkrise, wie sie die Welt in den 90er- und den frühen 2000er-Jahren erlebt hatte.

Schwellenländer-Börsen waren daher lange Zeit mega-out - obwohl es zu keiner dramatischen Krise kam. Es blieb bei langsamerem Wachstum und teils deutlichem Abwertungsdruck auf die Währungen. Malaysia, die siebtgrößte Volkswirtschaft in Asien, ist ein gutes Beispiel dafür. 2010 lag das Wachstum noch bei 7,4 Prozent, für dieses Jahr werden 4,4 Prozent erwartet. Ein Absturz ins Bodenlose ist das nicht.

Dazugelernt und weiterentwickelt



In Kuala Lumpur hat man nämlich die Lektionen aus früheren Krisen gelernt. Anders als noch in den 90er-Jahren ist der Wechselkurs der Landeswährung Ringgit inzwischen flexibel. Zudem verfügt Malaysia über deutlich höhere Devisenreserven und solidere Bilanzen. Und auch die Wirtschaftspolitik und der malaysische Finanzmarkt funktionieren sichtbar besser als noch vor 20 Jahren.

Auch was die Unternehmenslandschaft angeht, hat sich Malaysia weiterentwickelt: vom Rohstofflieferanten hin zum diversifizierten Industriestandort. Ein Beispiel sind die Häfen des Landes. Die machen sogar Singapur langsam aber sicher Konkurrenz. Die niederländische Beratungsfirma Dynamar hat im Juli eine Liste veröffentlicht, auf der Malaysia mit den drei Häfen Port Klang, Tanjung Pelepas und Penang mit zusammen 22 Millionen abgewickelten Standardcontainern unter allen Ländern weltweit auf Platz 5 rangiert. Und das Volumen steigt weiter. Im Finanzwesen hat sich ebenfalls etwas getan - Malaysia ist inzwischen führend in Sachen "Islamic Banking". Die Maybank und die Public Bank tun sich da hervor.



Trotzdem sind Rohstoffe wie Erdöl, Erdgas sowie Palmöl weiterhin von großer Bedeutung für die Wirtschaft des Landes. Zum einen tragen die Einnahmen aus dem Öl- und Gasgeschäft wesentlich zum Staatshaushalt Malaysias bei. Und zum anderen sind neben der Förderung und dem Verkauf von Rohstoffen auch die damit direkt oder indirekt verbundenen Sektoren von Relevanz - etwa nachgelagerte Industriezweige, Dienstleister oder energieintensive Produktionsbetriebe. Es wundert daher nicht, dass zu den größten Firmen des Landes der Stromkonzern Tenaga gehört sowie Petronas Chemicals und Petronas Gas.

Alle diese Unternehmen haben sich an der Börse passabel gehalten. Die Börse in Kuala Lumpur kam zwar im August 2015 ebenso unter die Räder wie alle anderen Kapitalmärkte (siehe Chart rechts), seither ist die Entwicklung aber relativ stabil und weit weniger volatil als an vielen anderen Schwellenländerbörsen.

Abgewertet und stabilisiert



Mit ein Grund war die gute Wirtschaftspolitik. Um den Abschwung bei den Rohstoffen aufzufangen, wurde der Ringgit gegenüber dem Dollar um 25 Prozent abgewertet. Außerdem wurden 36 Milliarden Dollar der staatlichen Devisenreserven eingesetzt, um auf die Kapitalabflüsse zu reagieren und die Märkte zu stabilisieren. Gemildert wurde der Rohstoffschock auch durch das hohe Maß an Diversifizierung der malaysischen Wirtschaft. Gesamtwirtschaftlich gesehen, wurden die schwachen Rohstoffexporte durch die gesteigerte Ausfuhr von Elektronika zumindest teilweise aufgefangen. Die Inlandsnachfrage wiederum wird von der jungen Bevölkerung Malaysias und der zunehmenden Erwerbstätigkeit von Frauen, den steigenden Reallöhnen sowie geringer Arbeitslosigkeit unterstützt. Und zuletzt senkte die Zentralbank des Landes noch den Leitzins, was auch eine gewisse Symbolkraft hat: In den Nachbarländern Thailand und Indonesien hat man sich längst an immer billigeres Geld gewöhnt. In Malaysia und Singapur wird dagegen traditionell kaum an der Zinsschraube gedreht. Doch weil die Inflation niedrig ist, kann man sich dies jetzt erlauben. Die langfristigen Aussichten Malaysias bleiben gut.