Kaum ist die erste volle Börsenwoche des neuen Jahres gestartet, geht es schon richtig zur Sache. War zum Jahresschluss die Stimmung an den Märkten noch prächtig, so hat sich das seit dem 2. Januar erst mal grundlegend geändert.

Den Hauptgrund liefert die Weltpolitik: Der Iran-Konflikt spitzt sich zu, nachdem ein US-amerikanischer Drohnenangriff den iranischen General Ghassem Soleimani auf dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet hat. Die USA und der Iran drohen einander nun mit weitreichenden Vergeltungs- und Gegenmaßnahmen. Und da sorgen sich natürlich viele Anleger. Schließlich könnte eine Eskalation im Nahen Osten zu erheblichen Verwerfungen an den Finanzmärkten führen.

Betroffen sind dabei die Aktienmärkte weltweit. Nicht nur an der Wall Street ging es in den zurückliegenden Tagen abwärts, auch in Europa und an den asiatischen Märkten - der DAX fiel sogar gleich zum Wochenstart unter 13 000 Punkte.

Parallel dazu kletterten die Notierungen an den Anleihemärkten, und die Ölpreise stiegen auf den höchsten Stand seit vergangenem April. Auch der Preis für die klassische Krisenwährung Gold legte deutlich zu und notiert inzwischen auf dem höchsten Stand seit 2013. Allerdings - und das ist durchaus atypisch für politische Krisen größeren Ausmaßes - legt der US-Dollar kaum zu.

Sorge um Lieferengpässe


Vielleicht ist Letzteres ein Indiz dafür, dass sich die Märkte eher früher als später wieder beruhigen. Trotz aller Droh­gebärden. US-Präsident Donald Trump ließ jedenfalls wissen, man habe "nicht gehandelt, um einen Krieg zu beginnen. Wir wollen keinen Regimewechsel". Der Iran müsse aber die "Destabilisierung" seiner Nachbarn beenden.

Man wird abwarten müssen, wie weit der Iran tatsächlich gehen wird. Eine direkte militärische Konfrontation mit den USA ist eher unwahrscheinlich. Dies wäre positiv für die Märkte. Andererseits würde eine Blockade des wichtigen Seeweges Straße von Hormus recht sicher zu weiteren Turbulenzen führen. Am Ölmarkt käme es dann wohl zu Lieferengpässen.

"Der Angriff lastet auf der Stimmung der Investoren, weil die Unsicherheit in die Märkte zurückkehrt", kommentiert Fondsmanager Ulrich Urbahn von Berenberg. Vom "ersten geopolitischen Belastungsfaktor in diesem Jahr" sprach Christian Henke vom Brokerhaus IG. Fakt ist, dass die Turbulenzen um den Iran wohl viele auf dem falschen Fuß erwischt haben dürften, war doch mit der gerade erst beschlossenen Einigung der USA mit China im Handelsstreit so etwas wie vorsichtiger Optimismus für die Börsenentwicklung im neuen Jahr eingekehrt. Etwas böswillig könnte man jetzt konstatieren, dass China für Trump damit abgehakt ist, und er sich auf seiner Wahlkampfagenda jetzt den Nahen Osten vornimmt. Denn nicht vergessen: Im November steht die Präsidentschaftswahl in den USA an.

Wahlkampf immer wichtiger


Vermutlich spricht dies für insgesamt weiterhin unruhige Zeiten und erhöhte Unsicherheit an den Finanzmärkten. Dabei dürfte es auch in diesem Jahr immer wieder zu einer Flucht in sichere Häfen kommen - Öl, Gold, Staatsanleihen. Andererseits dürfte Trump aber auch stark daran interessiert sein, mit einer positiven Börsenbilanz in den Schlussspurt des amerikanischen Wahlkampfs zu gehen. Insgesamt bleiben wir daher konstruktiv für die Aktienmarktentwicklung, wobei es mit den Gewinnen wohl nicht mehr ganz so einfach wird wie noch im vergangenen Jahr. martin blümel