Die Anleiherenditen steigen, die Inflationserwartungen ebenfalls. Zugleich sind viele Aktien sehr hoch bewertet. Kein Wunder, dass viele Anleger derzeit nervös sind. Steht vielleicht gar ein Börsencrash bevor? Wohl eher nicht. "Wir erwarten keinen großen Marktschock", schreiben die Geldverwalter von T. Rowe Price in einer Analyse. Die Bewertungen einiger Anlageklassen seien zwar teils überhöht. Jedoch solle man immer berücksichtigen, dass hohe Bewertungen allein "kein Grund für sofortigen Alarm" seien. "Vermögenswerte mit hohen Bewertungen können immer noch höher steigen und teurer werden. Jedoch dürften hohe Bewertungen viele Anleger verunsichern."
Dabei gibt es eine ganze Reihe von Faktoren, die gegen einen größeren Abschwung sprechen: die Politik der Notenbanken etwa. Da machte zuletzt die Europäische Zentralbank (EZB) klar, dass sie das Tempo ihrer Anleihekäufe im kommenden Quartal "deutlich" erhöhen wird. In den ersten Monaten dieses Jahres war es noch gedrosselt worden, auf etwa 14 Milliarden Euro pro Woche, verglichen mit 20 Milliarden Euro zuvor. Doch nun gab EZB-Präsidentin Christine Lagarde ein deutliches Signal, dass sie handeln werde, um zu verhindern, dass die höheren Renditen von US-Staatsanleihen auch zu einer Verschärfung der finanziellen Bedingungen in der Eurozone führen.
Wachstum dank Fiskalpaket
Die EZB erwartet, dass die Wirtschaft der Eurozone in diesem Jahr um immerhin vier Prozent wächst. Demgegenüber steht die OECD-Prognose für das US-Wirtschaftswachstum, die gerade auf 6,5 Prozent erhöht wurde. Dass Letztere so hoch ausfällt, liegt wohl auch am 1,9 Billionen US-Dollar schweren Fiskalpaket von Präsident Joe Biden. Höhere US-Anleiherenditen sind daher auch auf den steigenden Optimismus in puncto US-Erholung zurückzuführen.
Positive Konjunkturdaten veröffentlichte derweil China. Im Januar und Februar legte die Produktion in den Industriebetrieben im Vergleich zum Vorjahr um zusammen 35,1 Prozent zu, nach 7,3 Prozent im Dezember. Damit wurden die Erwartungen der Experten übertroffen. Aufwärts ging es im selben Zeitraum auch mit dem Einzelhandelsumsatz: um 33,8 Prozent, nach 4,6 Prozent im Dezember. Und auch die Investitionen in Sachanlagen entwickelten sich prächtig mit einem Plus von 35 Prozent. Allerdings, und das schränkt die Aussagekraft der Zahlen etwas ein, sind die hohen Steigerungen auch Ausdruck eines Basiseffekts: Da die Wirtschaftsleistung vieler Volkswirtschaften im Frühjahr 2020 am Boden lag, sorgen in den ersten Zeitperioden eines neuen Aufschwungs auch geringe absolute Steigerungen für dann teils übertrieben hohe Steigerungen in Prozent.
Diversifikation ist Trumpf
Insgesamt sieht es fürs weitere Jahr also gar nicht so schlecht aus. Man sollte weiterhin investiert sein. Doch in welchen Märkten und in welchen Aktien? Die Anlagegesellschaft T. Rowe Price bringt es auf den Punkt. Diversifikation ist Trumpf. Erstens: zyklische Anlagen wie Value-Titel, Nebenwerte und auch Schwellenländeraktien übergewichten. Zweitens: das Portfolio diversifizieren und sowohl in chancenreiche als auch in defensive Anlageklassen investieren. Drittens: die defensiven Portfoliokomponenten selbst ebenfalls noch einmal diversifizieren. Viertens: sowohl bei Aktien als auch bei Anleihen global investieren. Fünftens: einen aktiven Investmentansatz verfolgen. Fünf gute Ratschläge in verwirrenden Zeiten.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com