Der Schwung an den Börsen hat etwas nachgelassen. Das mag an der sogenannten dritten Corona-Welle liegen. Und hierzulande vielleicht zudem am politisch gewollten Dauer-Lockdown. Man sieht das auch bei dem einen oder anderen Indikator. So ist beispielsweise der gemeinsame Einkaufsmanagerindex für Industrie und Dienstleister gefallen. Was erwartungsgemäß an den Dienstleistern liegt. Denn separiert man die Teilbereiche des Indikators, dann zeigt sich ein Plus im Bereich Industrie und ein deutliches Minus bei besagten Dienstleistern.

Der Ifo-Geschäftsklimaindex dagegen ist im April erneut leicht gestiegen. So verbesserte sich der Gesamtindex von 96,6 auf 96,8 Punkte. Hauptgrund ist die verbesserte Lageeinschätzung der Unternehmen. "Hier wäre wahrscheinlich ein noch stärkerer Anstieg möglich gewesen, aber die Engpässe bei Vorprodukten machten einen Strich durch die Rechnung", schreiben die Geldverwalter der DWS in einer Analyse. "Dies dürfte auch dazu beigetragen haben, dass die Unternehmen wieder etwas weniger optimistisch in die Zukunft blicken." Auffällig sei dabei, dass sich die Aussichten in allen vier Sektoren - Industrie, Dienstleistungen, Handel und Bau - eingetrübt haben.

Die Schlussfolgerung der DWS: "Das bestätigt unser Bild, dass es mit dem Aufschwung jetzt noch nicht so recht klappen will. Ein kräftiger Aufschwung wird kommen, nur eben noch nicht jetzt, sondern eher im dritten Quartal. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben."

Wall Street noch standhaft


Beim DAX sorgte das nach den vorangegangenen Rekordwochen für eine kleinere Korrektur. Interessant ist dabei, dass jenseits des Atlantiks die US-Börsen deutlich stabiler blieben. Nicht einmal die von US-Präsident Joe Biden geplante Erhöhung der Kapitalertragsteuer erschütterte die Kurse an der Wall Street sonderlich.

Noch nicht. Denn die bisher laufende Bilanzsaison, das Infektionsgeschehen in Brasilien und Indien sowie eine gewisse Sorglosigkeit und gleichzeitig übergroßer Optimismus, wie man ihn etwa bei zahlreichen amerikanischen Börsenbriefen feststellen kann, könnten Vorboten einer etwas größeren Korrektur an den Märkten sein. Auch die Spekulationsneigung ist nach wie vor sehr hoch. Eine derartige Gemengelage ist meist ein Warnsignal für den Aktienmarkt. Für eine Korrektur sind fünf bis zehn Prozent Minus durchaus möglich.

Dass eine solche Korrektur eigentlich überfällig ist, zeigt exemplarisch der Bereich der Kryptowährungen. Dort führte nämlich Bidens Ankündigung einer höheren Kapitalertragsteuer zu einer Verkaufswelle bei Bitcoin, Ether, Ripple und Co. Grund für Panik gibt es dennoch nicht: Nach einem Zusammenbruch am Aktienmarkt wie im vergangenen Jahr sieht es nämlich nicht aus. "Derzeit spricht wenig für und viel gegen einen Crash", sagt beispielsweise Nikolas Kreuz, Geschäftsführer von Invios, einem bankenunabhängigen Institut für Vermögenssicherung und Vermögensverwaltung in Hamburg. "Der Markt in seiner Breite ist sehr stabil, selbst schlechte Nachrichten werden derzeit einfach weggesteckt."

Korrektur statt Crash


Positiv sei auch, dass Bluechips wie Apple oder IBM mit ihren Quartalszahlen nicht enttäuscht hätten. Zudem sei noch immer viel Geld im Umlauf und die Zinsen seien niedrig. "Die Konjunkturstimmung erreicht Spitzenwerte und die ultralockere Geldpolitik tut ihr Übriges. Warum sollte es also zu einem plötzlichen Absturz kommen?", so Kreuz.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com