Das gab es schon richtig lange nicht mehr: Vergangene Woche lag die US-Inflation bei 4,2 Prozent. Also 1,6 Prozentpunkte höher als noch im Vormonat sowie 0,6 Prozentpunkte höher, als die Analysten im Schnitt erwartet hatten. Auch die wichtige Kerninflationsrate ohne die oft stark schwankenden Energie- und Lebensmittelpreise legte deutlich von 1,6 auf nun 3,0 Prozent zu. Die offizielle US-Inflation hat damit den höchsten Stand seit September 2008 erreicht.

Die Frage der Fragen lautet daher: Ist die hohe Inflation von Dauer? Oder wird sie, wie Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Federal Reserve, verspricht, wieder auf ein niedrigeres Niveau zurückgehen? Eine weitere Frage lautet, ob es dafür nötig ist, die Zinsen zu erhöhen? Spannend ist, dass sich die Mitglieder der Fein diesem Punkt gar nicht so recht einig sind. Manche argumentieren, man könne die massiven Anleihekäufe jetzt zurückfahren, was zu weniger Liquidität und höheren Zinssätzen führen würde. Die Wirtschaft habe sich schließlich weitgehend von der Pandemie erholt. Vergleiche mit dem Zeitraum 2004 bis 2008 kommen auf, als die Fed die Zinsen von 1,0 bis auf 5,25 Prozent erhöht hatte. Allerdings argumentieren andere, die derzeitige massive öffentliche und private Verschuldung verhindere, dass die Fed derart massiv vorginge. Man will die Gesamtwirtschaft schließlich nicht übermäßig schädigen.

Die Fed mal so, mal so


Der Einwand ist durchaus berechtigt. Zuletzt fielen nämlich auch die Arbeitsmarktzahlen in den USA schwächer aus als erwartet. Und das wiederum deutet darauf hin, dass die US-Konjunktur weniger gefestigt ist als bislang vorhergesagt. Es bleibt also eine extrem schwierige Aufgabe, die die Fed lösen muss. Diese Unsicherheit hat in Teilen auch die Börse erfasst. Während Value- respektive Substanzaktien sich in den zurückliegenden Monaten gut gehalten haben, sind Wachstumsaktien, also Growth-Titel, teils böse unter die Räder gekommen. Daran muss man sich erst einmal gewöhnen, hatten sie sich doch in den zurückliegenden zehn Jahren extrem gut entwickelt.

Dass es jetzt ein Minus gibt, liegt daran, dass selbst bei starkem Gewinnwachstum Growth-Aktien traditionell empfindlich auf höhere Zinssätze reagieren. Substanzaktien dagegen, mit meist attraktiverer Bewertung, aber dafür auch langsamerem Wachstum, tun sich in einem Umfeld höherer Zinssätze weniger schwer. Auch Nebenwerte reagieren in der Regel empfindlicher auf höhere Zinsen. Und auch Aktien mit hoher Dividendenrendite könnten es ab sofort schwerer haben, da plötzlich dank der höheren Zinsen Anleihen wieder interessanter werden. "Anleger werden gut daran tun, sich in diesem Jahr auf Large-Cap-Aktien mit einer attraktiven Bewertung und einem moderaten Leverage zu konzentrieren - selbst wenn die Zinsen nicht aufwärts tendieren sollten", rät daher Geir Lode, Aktienchef beim Geldverwalter Federated Hermes.

China mal so, mal so


Auch mit Schwellenländeraktien sollte man etwas vorsichtiger sein. So waren die chinesischen Konjunkturdaten für April lediglich durchwachsen. Während die Daten zu den Anlageinvestitionen und der Industrieproduktion bestätigten, dass sich die Erholung im produzierenden Gewerbe fortgesetzt hat, blieben vor allem die Daten zu den Einzelhandelsumsätzen deutlich hinter den Erwartungen zurück. Dies deutet darauf hin, dass die aufkeimende Rotation von Investitionen in Richtung Konsum bereits an Schwung verloren hat.