Die globalen Handelskonflikte haben auch das Treffen der G-20-Finanz-minister im japanischen Fukuoka belastet - das ist der Aufgalopp zum Treffen der Staatschefs am selben Ort am 28. und 29. Juni. Jedenfalls konnten sich die Finanzminister der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer nur mit Mühe zu einer gemeinsamen Abschlusserklärung durchringen. Ein Grund dafür dürfte die anhaltende Unsicherheit sein, ob sich die USA und China doch noch zu einem Kompromiss im schon so lange dauernden Handelsstreit aufschwingen können.
Zuletzt hatte US-Präsident Donald Trump seinem chinesischen Amtskollegen Xi Jinping mit weiteren Importzöllen im -Volumen von 300 Milliarden Dollar gedroht, falls dieser nicht zu einer Zusammenkunft mit Trump kommen sollte. Anscheinend wollen sich die beiden beim Gipfel Ende des Monats treffen, die Volksrepublik hat eine mögliche Begegnung jedoch noch nicht bestätigt. Außerdem drohte Trump auch Mexiko erneut mit Strafzöllen, falls die Einigung der beiden Länder über das Thema Immigration im mexikanischen Parlament keine Zustimmung finde.
Interessanterweise hat die Börse auf das neuerliche Hickhack nicht mehr negativ reagiert. Im Gegenteil, die Kurse legten weltweit ordentlich zu, vor allem riskantere Investments wie Werte aus der Technologiebranche und China-Aktien.
Förderlich für die Kursentwicklung ist weiterhin die Politik der Notenbanken. Die Europäische Zentralbank hat erneut klargemacht, dass die Leitzinsen in der Eurozone frühestens im zweiten Halbjahr 2020 steigen werden. Es ist schlicht kein Inflationsdruck vorhanden. In Spanien wird mit einem Preisanstieg um gerade einmal 0,8 Prozent gerechnet, in Frankreich mit 1,0 Prozent, in Deutschland mit 1,4 Prozent - alles deutlich unterhalb der Zielzone der EZB von nahe zwei Prozent. Es scheint so, als ob die Effekte der Globalisierung und der Digitalisierung auch weiterhin den Preisdruck dämpfen.
"Hinzu kommt in vielen Industriestaaten eine alternde Bevölkerung, die im Schnitt mehr spart und weniger ausgibt, sowie der Schwenk von tendenziell höher bezahlten Industriejobs zu mehr Beschäftigung in Dienstleistungsbereichen", sagt Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank Donner & Reuschel. Es sei daher gut möglich, dass die Inflation strukturell, global und dauerhaft auf niedrigem Niveau verharrt. Denn auch in anderen Teilen der Welt bewegt sich die Geldentwertung auf außergewöhnlich niedrigem Niveau: in den USA etwa bei 1,9 Prozent und in China bei 2,5 Prozent. In den Vereinigten Staaten gehen manche gar davon aus, dass die Zinsen nicht nur stagnieren, sondern sogar wieder sinken könnten.
Mit ein Grund ist der schwache Stellenzuwachs: Die Zahl der neuen US-Arbeitsplätze fiel im Mai mit 75 000 schlechter aus als erwartet. Zudem wurden die April--Daten um 40 000 Stellen nach unten korrigiert, und obendrein blieb der Zuwachs bei den Stundenlöhnen mit 0,2 Prozent ebenfalls hinter den Prognosen zurück. Dies alles beflügelt Zinssenkungsfantasien in den USA, auch wenn sie so schnell nicht umgesetzt werden dürften.
Letztlich bleiben wir daher bei unserem Szenario, dass Kursrücksetzer gute Kaufgelegenheiten sind und die Märkte im Verlauf des Jahres weiter nach oben tendieren. Auch wenn es aktuell noch nicht nach Lösungen bei den politischen Themen aussieht, die für die Märkte wichtig sind, weder bei den Handelsstreitigkeiten noch beim Brexit.