Es herrscht Stagnation an den Börsen. Und das liegt an altbekannten Gründen. Die Risikofaktoren Inflation, steigende Renditen, Probleme bei den Lieferketten und die teils stockende Konjunkturerholung belasten die Kurse. Ganz zu schweigen vom weiterhin kriselnden chinesischen Immobilienriesen Evergrande.

Anderen, eher positiven Faktoren wird derzeit an den Börsen weniger Beachtung geschenkt. Etwa den monatlich aktualisierten US-Arbeitsmarktdaten. Im September, so der Bericht, wurden deutlich weniger neue Arbeitsstellen geschaffen als erwartet. Eigentlich eine gute Nachricht für die Finanzmärkte: Dies reduziert die Gefahr, dass die US-Notenbank schneller als erwartet das "Tapering" startet - das Reduzieren der Käufe von Wertpapieren, durch die sich die Bilanz der Fed stark ausgeweitet hat. Allerdings gab es auch Aspekte im Arbeitsmarktbericht, welche zu den eingangs erwähnten Risikofaktoren passen: Weil die Durchschnittslöhne in den USA weiter steigen, könnte zusätzlich Inflationsdruck aufkommen.

Ebenfalls belastend wirken sich die stetig steigenden Öl- und Gaspreise aus sowie die ebenfalls nach oben kletternden Renditen von US-Staatsanleihen. "Dies ist kein guter Cocktail für die Aktienmärkte", kommentiert der Finanzdienstleister IG Markets in einer Analyse. Im Augenblick herrsche beim Ölpreis und den US-Renditen eine sehr hohe Korrelation. "Mit anderen Worten: Steigen die Notierungen des schwarzen Goldes, ziehen auch die Renditen in den Vereinigten Staaten an."

Gläubiger in Sorge


Und dann ist da noch der angeschlagene Immobilienkonzern Evergrande. Hier sind die Gläubiger nervös. Vor allem ausländische Geldgeber sehen ihre Felle davonschwimmen und bereiten sich auf bevorstehende Zahlungsausfälle vor. Angesichts des immens hohen Schuldenbergs rückt damit eine Insolvenz des Konzerns näher. Die Frage ist, ob die Regierung in Peking den zweitgrößten Immobilienkonzern des Landes retten wird und ob es international doch noch größere Verwerfungen geben wird als bislang erwartet.

Alle Faktoren haben jedenfalls dazu geführt, dass DAX und Co stagnieren. Beim DAX halten zwar bislang technische Faktoren und Unterstützungen wie etwa die exponentielle 200-Tage-Durchschnittslinie. Allerdings war bislang ein Befreiungsschlag nach oben angesichts der genannten fundamentalen Risiken nicht drin.

Doch es sollten wieder bessere Zeiten anstehen. In den kommenden Tagen kommt mit der Berichtssaison zum dritten Quartal ein neuer gewichtiger Faktor dazu, zumal man wieder von mehrheitlich positiven Überraschungen ausgehen kann. Den Auftakt machen traditionell die US-Banken. Interessant wird werden, wie die Unternehmen sich zu den Energiepreisen und den Lieferproblemen äußern werden. Das eine oder andere Unternehmen wird darunter sicherlich stärker leiden.

Geschrumpfte Erwartungen


Insgesamt sieht es aber gut aus, gerade weil die Erwartungen nicht mehr ganz so hochgeschraubt sind wie in den zurückliegenden Quartalen. Die Gewinn- und Umsatzerwartungen stiegen zuletzt nicht mehr an, sondern gingen sogar leicht zurück. Zudem können viele Unternehmen Preisanstiege im Zuliefererbereich wegen der guten Nachfrage an die Endkunden weitergeben. "Daher erwarten wir von den Unternehmensergebnissen in den nächsten Wochen wieder mehrheitlich positive Überraschungen und damit Unterstützung für die Aktienmarktentwicklung", schreibt die Raiffeisenbank aus Österreich in einer Analyse.

Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com