Eine Ära geht zu Ende: Zum 1. November endet die Amtszeit des bisherigen EZB-Chefs Mario Draghi. Nachfolgerin wird Christine Lagarde, die bisherige Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF). An der Politik der Europäischen Zentralbank wird sich aber grundlegend nichts ändern. Lagarde wird sicherlich bei der ultralockeren Geldpolitik bleiben. Der schwelende Handelskonflikt, die Probleme in der Eurozone, der Brexit sowie die aktuellen konjunkturellen Sorgen liefern dafür schließlich genügend schlagkräftige Argumente.
An den Börsen geht es derweil weiter bergauf. Die Kurse klettern buchstäblich die "Wall of Worry" hinauf, die Wand der Angst. Es ist wohl recht einfach: Die Lage ist nicht so dramatisch, wie die Stimmung pessimistisch ist. Man sieht das auch gut an der gerade laufenden Berichtssaison. Von den gut 170 Unternehmen des amerikanischen Leitindex S & P 500, die bisher ihre Gewinn- und Umsatzzahlen veröffentlichten, haben über 80 Prozent die Erwartungen übertroffen. Hauptgrund: Die Analysten hatten im Vorfeld ihre Prognosen zurückgeschraubt, sodass die Latte für positive Überraschungen jetzt entsprechend niedrig hängt.
Hinzu kommt die laxe Politik der EZB und der amerikanischen Notenbank Fed. "In politisch schwierigen Börsenzeiten stabilisiert das ‚lower for longer‘ ohne Zweifel die Aktienmärkte via Liquiditätshausse", kommentiert Robert Halver, Börsenexperte der Baader Bank.
Traditionell positives Schlussquartal
Und so kommt es eben, dass der DAX seit Ende September um gut vier Prozent zugelegt hat und alles danach aussieht, dass uns ein freundliches Schlussquartal bevorsteht. Nur zur Erinnerung: In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten hat der deutsche Leitindex in den letzten drei Monaten des Jahres häufig deutliche Kursgewinne verzeichnet. Dies könnte erneut der Fall sein, da der Brexit sowie der Handelskonflikt zwischen den USA und China zurzeit als Belastungsfaktoren erst einmal entfallen. Was den Brexit angeht, einigten sich die EU-Staaten am Montag auf eine Verlängerung bis Ende Januar - angeblich nach nur einer halben Stunde Beratung.
In Sachen Handelskonflikt kommt es im November vielleicht sogar zu einer grundlegenden Einigung zwischen den Kontrahenten. Es hat ja tatsächlich in den zurückliegenden Wochen nahezu versöhnliche Töne gegeben.
Das sorgt dann entsprechend für Konjunkturhoffnungen. Auch der Fakt, dass Donald Trump im November 2020 als US-Präsident wiedergewählt werden will, spricht für eine zumindest kleine Lösung des Konflikts. Dies sollte auch im Interesse Chinas liegen, schließlich sind die Aussichten für das Wachstum dort auch nicht mehr ganz so überwältigend.
Frisches Geld für neue Projekte
Kommt es tatsächlich zu einer Einigung zwischen den beiden größten Wirtschaftsmächten der Welt, dann dürfte auch der Investitionsstau langsam abgebaut werden. Zahlreiche Unternehmen hatten in den zurückliegenden Monaten angesichts der Unsicherheiten ihre Investitionen zurückgefahren und Budgets dementsprechend erst einmal geparkt. Fließt dieses Geld in den kommenden Monaten in neue Projekte, wäre das ein weiterer Impuls für die Börsen weltweit.
Wir bleiben daher bei unserer seit Monaten verfolgten Taktik, während schwacher Tage und Wochen an den Märkten noch einmal Aktienpositionen aufzustocken. "Buy the dip" heißt das so schön an der Wall Street: bei Kurshängern noch mal nachkaufen.