Das waren richtig starke Börsentage. Der DAX liegt knapp unter seinem Allzeithoch, an der Wall Street wurden bereits neue Rekordstände erreicht. Wichtigster Treiber der Rally dürfte die erhöhte Notenbankliquidität sein, sowohl im Euroraum als auch in den USA. Dazu kommt, dass die Bilanzsaison bisher besser ausfällt als zuvor erwartet. Zwar haben die Gewinne der S&P-500-Unternehmen im zurückliegenden Quartal im Schnitt um etwa zwei Prozent nachgelassen, allerdings waren die Analysten von einem weit stärkeren Rückgang ausgegangen.

Derzeit haben bereits mehr als 80 Prozent der amerikanischen Unternehmen ihr neues Zahlenwerk vorgestellt - viel kommt da also nicht mehr. Daher könnte es jetzt durchaus auch zu einer Korrektur kommen, je nachdem, wie die aktuell anstehenden Konjunkturdaten ausfallen. Aus den USA beispielsweise kommen neue Daten zur Inflation und zu den so wichtigen Einzelhandelsumsätzen. Und aus China gibt es Zahlen zur Entwicklung der Industrieproduktion.

So oder so: Die Jahresendrally sollte man trotz einer jetzt möglichen Korrektur nicht abschreiben. Jerome Powell, Chef der US-Notenbank Fed, wird vor dem Kongress aussagen, was durchaus für starke Impulse sorgen kann. Und auch US-Präsident Donald Trump hält eine von den US-Medien mit Spannung erwartete Rede. Trump ist im Wahlkampfmodus und wird sich in seiner Ansprache wohl auf wirtschaftliche Themen konzentrieren.

Mittelfristig wird man als Anleger aber wohl immer wieder mit ordentlichen Korrekturen rechnen müssen. Denn gerade die politischen Risiken werden immer wieder hochkochen. Etwa das Thema Handelsstreit. Hier geht es hin und her - wie bei Trump nicht anders zu erwarten. Denn nur 24 Stunden nach der von China und den USA verkündeten grundsätzlichen Übereinkunft schürte der US-Präsident wieder Zweifel. Er habe der schrittweisen Rücknahme der verhängten Zölle noch nicht zugestimmt.

Dabei wäre ein echter Durchbruch hier wichtig. Das politische Risiko würde deutlich sinken. Ebenso, wenn ein harter Brexit vermieden wird. Oder wenn sich in Krisenländern wie Spanien endlich stabile politische Verhältnisse einstellen. "Das allein würde einen Anstieg der von Nervosität geprägten Märkte rechtfertigen", kommentiert Benjamin Melman von Edmond de Rothschild Asset Management. Allerdings lassen sich aus seiner Sicht noch keine Gründe für eine wesentliche Verringerung der Ungewissheit ausmachen. "Angesichts der Dimension des Handelsstreits ist die erste Phase eines Abkommens vergleichsweise einfach", so Melman. Schwierig werde es erst danach, in den entscheidenden Phasen 2 und 3.

"In den USA herrscht der Konsens, so lange Sanktionen gegen China zu verhängen, bis Peking gängige Handelspraktiken übernimmt. Und in Großbritannien dürften die Verhandlungen, auch wenn ein harter Brexit vermieden wird, über den geplanten Zeitrahmen, das heißt über 2020 hinaus, fortdauern", sagt Melman.

Als Anleger sollte man also gewappnet sein. Wie eigentlich schon das ganze Jahr über dürfte auch in den kommenden Monaten das Auf und Ab an den Börsen stark von politischen Nachrichten abhängen. Insgesamt sind dabei Kursrückgänge aber weiterhin eher Gelegenheiten zum Nachkaufen. Die erwarteten Kursschwankungen kämen also gar nicht mal so ungelegen. An unserer grundsätzlich positiven Haltung ändert sich somit nichts.