Jetzt also Omikron. Die Reaktion der Regierungen und Finanzmärkte auf die Nachricht zur neuen Covid-19-Variante fielen drastisch und unmittelbar aus: sofortige Reisebeschränkungen für das südliche Afrika und sogar geschlossene Grenzen in Israel. An den Märkten löste die Angst vor neuen Lockdowns und einer Konjunkturabkühlung eine Verkaufswelle aus. Die Aktienkurse brachen ein, die Anleiherenditen rutschten, der Ölpreis sank um über neun Prozent, und auch die anderen Rohstoffpreise gingen auf Talfahrt. Gefragt waren lediglich der Schweizer Franken und der japanische Yen, die klassischen Fluchtwährungen also.

Auch Gold und Bitcoin verloren an Boden, ebenso recht überraschend der Dollar. Doch was ist davon zu halten? Waren die Reaktionen an den Märkten und in der Politik überzogen? Wollte man auf Nummer sicher gehen? Das Ganze sei wohl eher nach dem Motto verlaufen "erst schießen, dann Fragen stellen", findet Jeffrey Halley, der leitende Marktanalyst für den Asien-Pazifik-Bereich beim Broker Oanda. Am Wochenende teilte die WHO jedenfalls mit, dass die Symptome von Omikron womöglich milder seien, und die Impfstoffhersteller signalisierten, dass eine neu überarbeitete Version der Vakzine relativ schnell verfügbar sein könnte. Zum Wochenstart zeigten sich die Märkte daher überwiegend wieder etwas fester. Wenn auch nur zögerlich.

Größere Probleme in Asien befürchtet


Im asiatisch-pazifischen Raum blieben die Investoren zunächst weiter vorsichtig. So ging es an den Börsen in Australien, Japan und Südkorea Anfang der Woche kaum voran. "Die Zurückhaltung der Asiaten ist verständlich. In der Region sind die Erinnerungen an die Delta-Welle zu Beginn dieses Jahres noch sehr frisch", erklärt Analyst Halley. Asien habe einen viel höheren Anteil am Welthandel und am globalen Aufschwung als die USA, wo der Großteil des Bruttoinlandsprodukts im Inland erwirtschaftet wird. Fakt ist aber, dass man aktuell wohl noch zu wenig weiß, um abschließend beurteilen zu können, wie sehr sich die neue Variante auf das Leben auswirken wird.

Allein diese Ungewissheit sollte den Optimismus in dieser Woche etwas bremsen. So oder so kam die Omikron-Nachricht zu Unzeiten, trifft sie doch vor allem Europa inmitten steigender Hospitalisierungsraten. Auch eine Diskussion innerhalb der US-Notenbank hatte den Märkten nicht gerade geholfen: Es ging um mehr Tempo beim Tapering, um früher Zinserhöhungen einleiten zu können.

Dass die Weltkonjunktur insgesamt bislang gut läuft, wird da zur Randnotiz. So ist beispielsweise die Wirtschaft in Deutschland im dritten Quartal um 1,7 Prozent gewachsen, obwohl es an Belastungsfaktoren abseits von Corona nicht mangelt: etwa die Materialknappheit und Lieferengpässe, dazu die hohen Energiepreise. Entscheidend für das Plus war der private Konsum mit einem Zuwachs von 6,2 Prozent. Dagegen sanken aufgrund der Lieferengpässe Export und Ausrüstungsinvestitionen.

Wenn Quartalszahlen nicht mehr wirken


Angesichts der neuen Covid-Variante rückt auch die überzeugende Gewinnentwicklung der Unternehmen in den Hintergrund. Laut einer Analyse der Fondsgesellschaft DWS sind die Quartalszahlen im laufenden Jahr nicht nur deutlich besser als 2020, sondern auch besser als 2019. "Um 31 Prozent liegen die Gewinne vorne, die Umsätze um 15 Prozent. Und 2019 war ja kein schlechtes Jahr", heißt es in der Studie. Eigentlich Good News. Wäre da nicht Omikron.