Die Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China hat zu einer gewissen Unsicherheit geführt - bei weltweit agierenden Unternehmen ebenso wie bei Anlegern und Investoren. Und diese Unsicherheit kann durchaus noch eine Weile andauern. Andererseits, und das ist die gute Nachricht, dürften beide Staaten aber weiter an einem Abkommen interessiert sein. Letztlich sollte sich die globale Erholung also fortsetzen, wenn auch etwas verzögert.

Dabei ist der anhaltende Zwist eigentlich paradox, waren doch beide Seiten nach den schwächeren ­Konjunkturaussich­ten und dem Börsenausverkauf Ende vergangenen Jahres durchaus bereit, zu einer Einigung zu kommen. Aber vielleicht bestärkten die zuletzt wieder verbesserte Wachstumsdynamik und die starken ­Aktienmärkte sowohl China als auch die USA darin, wieder auf Konfrontationskurs zu gehen. So gab es sehr ermutigende Daten aus China: besseres Kreditwachstum, Immobilieninvestitionen und Importzahlen. Dazu kamen Verbesserungen im rest­lichen Asien und in Europa im Vergleich zu den sehr schwachen Daten von Ende 2018 und Anfang dieses Jahres.

Weniger ist mehr


Es ist jedenfalls so, wie es immer ist, wenn Dinge schieflaufen: Risikoanlagen werden verkauft. Und je riskanter, desto stärker der Verkauf. Das ist auch der Grund, warum Schwellenländeraktien in den zurückliegenden Tagen deutlich hinter Aktien aus den Industriestaaten zurückblieben - ungeachtet der Erholungstendenzen kurz vor Redaktionsschluss. Angesichts unserer Erwartungshaltung, dass der Aufschwung aber höchstens aufgeschoben und keinesfalls beendet ist, dürfte diese Schwäche aber vorüber­gehender Natur sein.

Die Verhandlungen, die trotz der ver­balen gegenseitigen Attacken weitergeführt werden, dürften also wohl deutlich in die zweite Jahreshälfte hineinreichen. Dies zeigen auch die jüngsten Äußerungen des US-Präsidenten Donald Trump, dass ein Abschluss in den kommenden Wochen noch möglich sei. Dies sollte in seinem eigenen Interesse sein: Eine massive Marktkorrektur weniger als 18 Monate vor den Präsidentschaftswahlen 2020 würde die Wahrscheinlichkeit eines Abschwungs erhöhen, kurz bevor die Wähler ihre Stimme abgeben. Und das wäre wohl sein politisches Ende.

Wenn zwei sich streiten


China hat zwar ebenfalls Gegenmaßnahmen ergriffen, allerdings nicht sonderlich massiv, wohl um den Konflikt nicht weiter eskalieren zu lassen. Auch sie brauchen letztlich eine Einigung, um den Abschwung im verarbeitenden Gewerbe zu stoppen. Der durchkreuzt nämlich die Pläne, das Wachstum der Binnennachfrage allmählich zu steigern. Außerdem will China aggressivere Konjunkturprogramme sicherlich vermeiden, um die Maßnahmen zur Entschuldung nicht zu gefährden.

Problematisch ist indes, dass keine Details der Handelsgespräche bekannt sind. "Wir wissen nicht, was die konkreten Probleme sind und wo genau die beiden Seiten aneinandergeraten sind", sagt Ewout van Schaick, Anlagestratege bei NN Investment Partners. "Wir sollten auf einen längeren und vielleicht volatileren Verhandlungsprozess vorbereitet sein, der den Ausverkauf erklärt. Die von uns erwartete globale Wachstumserholung könnte also etwas später kommen."