Die schlechten Konjunkturnachrichten haben sich in letzter Zeit doch gehäuft. Und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Zum einem belastet die US-Handelspolitik, die auf Konfrontation und zunehmenden Protektionismus setzt. Des Weiteren haben die Frühindikatoren auf breiter Front nachgelassen, so etwa das Ifo-Geschäftsklima, das seit dem Hoch im Dezember viermal gefallen ist. Und drittens sind wichtige Daten wie die Industrieproduktion oder der Auftragseingang in Deutschland und im Euroraum schlechter ausgefallen. Dazu kommt politische Unruhe in der EU mit dem Streit zwischen CDU und CSU als neuestem Highlight.
Insgesamt hat das dazu geführt, dass die Wachstumsprognosen von den Instituten reihum gesenkt werden. Entsprechend sind die Aktienkurse zuletzt wieder gefallen. Dennoch: Die Konjunkturdaten sind absolut gesehen immer noch auf hohem Niveau. Ein Abschwung oder gar eine Rezession ist nicht in Sicht. Hierfür fehlen die üblichen Anzeichen, wie beispielsweise eine inverse Zinskurve.
Auch wenn man es angesichts der Unruhe kaum glauben mag, sind die Aussichten für das kommende Jahr weiterhin befriedigend bis gut. Vor allem das Zinsumfeld dürfte auf absehbare Zeit - zumindest in Europa - günstig bleiben. Dies bekräftigte der EZB-Rat auf seiner Sitzung in der vergangenen Woche.
Also alles halb so wild? Sind die schwächeren Konjunkturdaten nur eine "Delle"? Dann dürften auch die jüngsten Kursverluste nur eine Korrektur darstellen. Studien zufolge ist die Performance der Aktienmärkte während Fußballweltmeisterschaften ohnehin schwächer als sonst. Begründet wird dies damit, dass die Investoren aus den teilnehmenden Ländern überwiegend schlechte Laune haben, weil man im Turnierverlauf eben irgendwann ausscheidet. Der Grottenkick der deutschen Mannschaft im ersten Spiel scheint die These zu belegen.
Allzu ernst sollte man diese Erkenntnisse aber wohl doch nicht nehmen. Der wahre Grund für die schwache Performance des DAX dürfte im schon angesprochenen Handelskonflikt zwischen den USA und China liegen. Hier gehen die Kontrahenten in die nächste Runde - mit angekündigten US-Zöllen auf 850 chinesische Produkte, worauf China ebenfalls mit einem Katalog von Zöllen auf 650 Produkte reagierte. Damit nicht genug: Die USA lancierten daraufhin eine neue Warnung - man wolle weitere Zölle auf chinesische Waren im Gegenwert von 200 Milliarden Dollar erheben. Enervierend das Ganze! Und lähmend für die Börsenentwicklung.
Das Gezerre überdeckt dann auch andere ökonomische Aspekte, die durchaus positiv sind und dafür sprechen, dass die aktuelle weltweite Expansionsphase weiter anhalten sollte. In den USA haben beispielsweise die fiskalpolitischen Anreize den Wachstumsausblick beflügelt.
Vermutlich ist es ja auch so, dass sich die Anleger nach einem sehr ruhigen Anlagejahr 2017 daran gewöhnt hatten, dass es kaum mehr Volatilität an den Märkten gibt. Seit Februar ist das jetzt anders. Eine Ursache hierfür ist der sukzessive Abbau der geldpolitischen Unterstützung durch die weltweit größten Zentralbanken. Beides ist indes eine normale Entwicklung. Als Investor sollte man sich an den Gedanken gewöhnen, dass die Kursschwankungen wieder zunehmen und dass dies durchaus sprunghaft geschehen kann. Insgesamt sollte die Volatilität jedoch unter Kontrolle bleiben, solange das Wachstum positiv bleibt.
Martin Blümel ist leitender Redakteur bei BÖRSE ONLINE und Autor des Börsenblogs www.bluemelstaunt.com