Markus Koch: "Selbst Nachbars Lumpi springt drüber"
· Börse Online RedaktionWas erwarten Sie von der US-Berichtssaison?
Die Saison sollte schlecht, aber nicht katastrophal ausfallen. Ich rechne in der zweiten Monatshälfte mit einer temporären Erholung an der Wall Street. Die Ertragsschätzungen wurden so rapide gesenkt wie seit 2009 nicht mehr. Die Ergebnisse im S & P 500 sollen um 4,6 Prozent sinken, was sich als zu negativ entpuppen dürfte. Neben den Banken und der Technologiebranche sollte die Ölindustrie positiv überraschen. Hier wurde ein Gewinneinbruch von 64 Prozent eingepreist.
Warum nur eine temporäre Erholung?
Wir sehen die klassischen Zeichen eines alternden Bullenmarktes. Das Momentum hat nachgelassen und die Rally wird durch wenige Aktien und Branchen getragen. Die Bewertung ist nicht extrem, aber im historischen Vergleich überhöht. Da die Gewinne der Unternehmen im S & P 500 gleichzeitig unter dem festen Dollar, dem schwachen Ölpreis und wachsendem Lohndruck leiden, hat der Index Probleme, aus der seit Herbst etablierten Handelsspanne auszubrechen. Kurzfristig sehe ich keinen Ausbruch über 2150 Punkte.
Warum sollten Banken zulegen?
Weil der größte Bremsklotz im vergangenen Jahr das geringe Handelsvolumen mit Rentenpapieren war, aber der Rentenpapierhandel zieht derzeit an. Gleiches gilt für Hypotheken, während Rückstellungen für Rechtsstreitigkeiten und Risikovorsorge zurückgehen. Das macht Dividendenerhöhungen und weitere Aktienrückkäufe wahrscheinlich. Banken sollten daher besonders profitieren.
Wo liegt noch Kurspotenzial?
Dort, wo die Erwartungen am schlechtesten sind. Das sind Energiewerte. Hier wurden die Prognosen so weit gesenkt, dass selbst Nachbars Lumpi drüberspringen könnte. Das Risiko sollte nach der Ertragssaison beachtet werden. Das Angebotsumfeld bleibt katastrophal schlecht.
Biotechaktien liefen hingegen gut?
Trotzdem verkaufen. Aber nicht, weil ich glaube, dass Biotechs zu teuer sind. Zwar sind die Bewertungen extrem hoch, doch das KGV war hier meist ein schlechter Ratgeber. Sondern wegen der Saisonalität. Seit 1994 haben Biotechaktien im zweiten Quartal meistens den Kursgewinn aus den drei Monaten zuvor abgegeben. 2014 legte der Sektor im ersten Quartal um bis zu 21 Prozent zu, verlor dann aber im zweiten Quartal wieder 21 Prozent. Danach lohnt der Einstieg wieder!