BOERSE-ONLINE.de: Sie waren selbst zur Präsidentschaftswahl vor Ort. Letztendlich konnte doch der Demokrat Biden genügend Wahlleute für einen Sieg holen. Wie haben sich die Spannungen zwischen den Demokraten und den Republikanern an den Wahltagen geäußert?
Max Otte: Letztlich war es vor Ort erstaunlich ruhig. Nach der Wahl Trumps vor vier Jahren war mehr los. Die Trump-Anhänger haben gefeiert, die Clinton-Anhänger sind teilweise erregt dazwischengegangen. Einen solchen Vorfall konnte ich damals in einer Kneipe erleben.
Welche Veränderungen erwarten Sie aus handelspolitischer Sicht? Gerade im Hinblick auf Europa und den Handelsstreit zwischen den USA und China?
Amerika wird seine "America-First"-Politik, die es im Übrigen schon seit Ronald Reagan gibt, weiterbetreiben, zum Beispiel bei Nordstream II. Man wird versuchen, den Technologiekrieg mit China zu verschärfen. Und ansonsten müssen wir abwarten.
Welche Chancen und Risiken erwarten Sie für die Börsen unter dem Präsidenten Joe Biden?
Jeder US-Präsident muss die Politik der massiven Staatsausgaben und des lockeren Geldes weiterverfolgen. Die Welt ist allerdings schon überschuldet. Wir kommen also in das "financial endgame", was gut für die Börsen sein sollte. Künftige Vizepräsidentin Kamala Harris hat schon angekündigt, dass man die großen Internetkonzerne nicht besonders streng regulieren will. Sie kommt aus Kalifornien, wo ja bekanntlich Silicon Valley liegt. Der Run kann also weitergehen.